Restrukturierung des Strafvollzug: Aufgabe mit Zündstoff
Da ist selbst der neue grüne Justizsenator Till Steffen ein wenig erstaunt, wie reibungslos zu Gunsten des Koalitionsfriedens, vieles möglich ist, was noch Anfang des Jahres Tabu erschien. Da hatte die CDU-Mehrheit kurz vor der Wahl gegen den Widerstand von Justizexperten ein gemeinsames Strafvollzugs- und Jugendstrafvollzugsgesetz durchgesetzt, um es jetzt auf den Müll zu werfen.
KOMMENTAR VON KAI VON APPEN
Gut. Für ein Jahr zeichnete der Strafvollzug tatsächlich die Handschrift von Steffens christdemokratischen Vorgänger Carsten Lüdemann. Mit Folgen. Denn in den Justizvollzugsanstalten gilt zurzeit die Lüdemann‘schen Doktrin – die der seines geschassten Mentors Roger Kusch um nichts nachstehen – wohlwissend aber, dass sie durch die neue schwarz-grüne Gesetzgebung bald außer Kraft gesetzt wird. Und auch die neuen Vorgaben für die Staatsanwaltschaft zur Jugendkriminalität oder zur Strafverfolgung häuslicher Gewalt finden schnell Gehör, als seien sie völlig neu.
Doch ein grüner Justizsenator wird nicht an Schnellschüssen zu messen sein. Zwar hat er in seinem Ressort keine Knallbonbons, die schnell die schwarz-grüne Koalition zum Platzen bringen könnten. Dennoch erwarten die Strafgefangenen, dass bald wieder die Resozialisierung Priorität bekommen wird. Eine Aufgabe mit Zündstoff.
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