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Blues in Barmbek

SPD-Abgeordnete werfen dem Senat vor, die Entwicklung des Stadtteils schleifen zu lassen. CDU findet, die SPD hatte genügend Zeit, was zu tun

Diese Entwicklung haben die zu verantworten, die‘s vorher gemacht haben

von GERNOT KNÖDLER

Die SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Wilfried Buss und Jan Quast haben vom Senat verlangt, er müsse sich stärker für Barmbek-Nord einsetzen, um den schleichenden Niedergang des Stadtteils zu stoppen: „Barmbek-Nord darf nicht zum Stiefkind der Senatspolitik verkommen, nur weil es hier bisher nur wenig Probleme gibt.“ Ansatzpunkte seien der Bahnhof, die Einkaufsmeile Fuhlsbüttler Straße sowie der Bau von familiengerechten Wohnungen. Die Antwort des Senats auf ihre Anfrage zu diesen Themen dokumentiert, dass der Rechtssenat fast nirgends einen Durchbruch erzielt hat. CDU-Bezirksfraktionschef Kai Voet van Vormizeele kontert: „Das ist eine Entwicklung, die haben die zu verantworten, die‘s vorher gemacht haben!“ Im Bezirk haben SPD und GAL die Mehrheit.

Der Busbahnhof von 1965, der den Barmbeker Bahnhof auf dessen Nordseite ziert, hat Quast zufolge „den Charme der Zeit, in der er errichtet wurde“. Hier gibt es blaue, vergitterte Kioske, türkisfarbene Dachträger, quer gestellte, großformatige Werbewände und eine Pergola aus rechtwinkligem Stahl. 42.000 Menschen hasten täglich durch den Wirrwarr zum Bahnhof.

Pläne zur Neugestaltung wurden schon vor mehr als einem Jahr der Bezirksversammlung vorgestellt: Um die Orientierung für die Reisenden zu erleichtern, würde die Hochbahn den Busbahnhof auflösen und die Busse stattdessen in den Straßen nördlich und südlich des Bahnhofs halten lassen – je nachdem, in welche Richtung sie fahren sollen.

Der heutige Busbahnhof könnte zu einem Platz umgebaut werden. Allerdings müsste der Bahnhof dann einen weiteren, nordöstlichen Ausgang erhalten, den die Bahn-Töchter S-Bahn und Station&Service mit bezahlen müssten. Es sei Aufgabe des Senats, bei der Bahn in diesem Sinne Dampf zu machen, findet Buss. Vormizeele sieht dagegen das Bezirksamt in der Pflicht: SPD-geführt habe es beste Möglichkeiten, über die Bundesregierung auf die Bahn einzuwirken.

An der Fuhlsbüttler Straße machen Buss und Quast die Sorge fest, dass der Stadtteil, der „lange einer der lebendigsten in Nord“ gewesen sei, zu veröden drohe. Die Struktur der Geschäfte werde immer gleichförmiger. Zwar gab es eine Ideensammlung zur Verbesserung der Situation, die im Sommer 2001 im Stadtteil diskutiert wurde, seither ist aber nichts passiert. „Der Diskussionsprozess befindet sich noch in einem Anfangsstadium“, teilte der Senat mit.

Die von der SPD favorisierte Idee, die Einkaufsmeile zum Sanierungsgebiet zu erklären, hält die CDU für Unsinn. „Hinter dem Abwärtstrend stehen strukturelle Probleme, die kann man nicht mit einem Sanierungsgebiet lösen“, sagt van Vormizeele. Seit mehr als 30 Jahren sei die „Fuhle“ keine gute Einkaufsstraße mehr. „Es gibt 30 ähnliche Gebiete in Hamburg“, schätzt er.

Die Bezirks-SPD hofft, durch familienfreundliche Wohnungen kaufkräftige Kundschaft in den Stadtteil zu locken. Auf dem Gelände des Krankenhauses Barmbek und des Güterbahnhofs Barmbek müssten so früh wie möglich neue Wohnungen gebaut werden. Beim Güterbahnhof erwartet der Senat den Baubeginn 2003, das Krankenhausgelände werde wohl zum Jahresende 2003 frei sein.

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