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„Es gibt keine große Koalition“

Zwei Wochen vor den Landtagswahlen in Hessen hinkt die SPD 14 Prozent hinter der CDU her. Der Landes- und Fraktionschef der hessischen SPD, Gerhard Bökel, findet, er hat trotzdem prima Chancen gegen den Ministerpräsidenten Roland Koch

Interview K.-P. KLINGELSCHMITT

taz: Herr Bökel, machen Sie jetzt Wahlkampf nach dem alten Sponti-Motto: „Du hast keine Chance, aber nutze sie“?

Gerhard Bökel: Nein. Wir haben nämlich gute Chancen, die Wahl noch zu gewinnen. Denn der Abstand der beiden Lager ist bei weitem nicht so groß [nach Infratest kommen SPD und Grüne zusammen auf 42 Prozent, CDU und FDP auf 52 Prozent, die Red.]. Auf die Umfrageergebnisse kommt es ohnehin nicht an. Die Stimmen werden erst am Wahlabend ausgezählt. Ich jedenfalls setze voll auf Sieg.

Sie haben also noch irgendwo eine Geheimwaffe versteckt.

Die brauchen wir nicht. Wir haben das bessere Programm. Und wir bieten die bessere personelle Alternative an.

Die Wählerinnen und Wähler haben das offenbar noch nicht bemerkt.

Aber wenn es uns noch gelingt, alle unsere potenziellen Wählerinnen und Wähler an die Urne zu bringen, werden wir am Ende gewinnen. Da muss noch gewaltig mobilisiert werden. Unser wichtigster Helfer dabei wird Roland Koch sein. Wir müssen den Menschen klar machen: Wer Koch nicht will, muss SPD wählen. Eine Mehrheit der Wahlbürger hält Koch schließlich für wenig glaubwürdig. Und sehr sympathisch ist er ihnen auch nicht.

Aber die Menschen in Hessen wollen – nach allen Umfragen – mehrheitlich doch genau diesen Ministerpräsidenten haben, trotz Schwarzgeldaffäre der hessischen Union.

Es stimmt. Koch liegt – noch – vorne. Ursächlich dafür ist aber, dass die allgemeine Stimmungslage in den letzten Wochen nicht gerade günstig war für die SPD. Darunter hatte auch der Kollege Gabriel in Niedersachsen zu leiden; und der hat daheim keinen Koch. Das Blatt beginnt sich jetzt aber zu wenden. Berlin berappelt sich. Der Kanzler hat hier in den letzten Tagen im Wahlkampf gepunktet. Und die Programmkonferenz in Wiesbaden brachte uns schon wenigstens einen Prozentpunkt näher an die CDU heran.

Dennoch trauen es die Wählerinnen und Wähler eher Roland Koch zu, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Und Koch gilt ihnen als führungsstärker. Sie dagegen machen Punkte gut bei den Fragen von Sympathie und Glaubwürdigkeit. Sind Sie zu brav? Muss man nicht ein ausgekochter Hund sein, um die Menschen zu beeindrucken?

Das mag so sein. Aber bei der Frage nach der Zufriedenheit mit einem Politiker, mit der Person also, liege ich bei den Umfragen vor Koch; und auch vor vielen Bundespolitikern. Wir werden den Wahlkampf deshalb auf die beiden Köpfe zuspitzen. Und am Ende sehen wir, wer die Nase vorne hat.

Angenommen, der liebe Gott erhört ihre Gebete. Die FDP fliegt raus, die CDU bekommt nicht die absolute Mehrheit. Werden Sie dann Innenminister in einer großen Koalition der Befürworter des Flughafenausbaus?

Eine große Koalition wird es ganz bestimmt nicht geben. Das schließe ich kategorisch aus.

Die Grünen verkünden aber, dass sie keinen Koalitionsvertrag unterschreiben würden, der den Ausbau des Frankfurter Flughafens festschreibt. Da passt doch nichts zusammen.

Die Grünen werden ihre Haltung überdenken müssen. Wollen die Grünen dann wirklich auf die Installation einer sozial-ökologischen Koalition verzichten – mit allen Konsequenzen auch für den Bundesrat? Wollen sie in Hessen tatsächlich die Chance verspielen, wie im Bund wieder mitregieren zu können? Und die Grünen müssen wissen: Nur die SPD garantiert das Nachtflugverbot. Bei der CDU wäre ich mir da nicht so sicher. Wollen die Grünen das riskieren – zu Lasten der Bevölkerung?

Dass Sie den Grünen mit Abstrichen an den Ausbauplänen entgegenkommen, wäre auch ein Ausweg.

Koalitionsverhandlungen, müssen Sie wissen, führe ich nach der Wahl mit einem potenziellen Partner; und nicht vor der Wahl mit der taz.

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