„Diese Koalition ist Demokratie-tötend“:
Karoline Linnert, Fraktionsvorsitzende der Grünen, am Rande des Parteitags über die Rolle der grünen Opposition und über die Chancen der Partei.
taz: Die Grünen wollen acht Jahre große Koalition beenden. Ist denn mit den Grünen ordentlich Staat zu machen in Bremen?
Karoline Linnert: Gemeine Frage. Warum nicht?
Viele raten den Grünen, die Erfolge der Großen Koalition anzuerkennen, wenn sie diese Koalition ablösen wollen.
Der Sanierungskurs ist in der Ampelkoalition festgelegt worden. Das war damals ein politischer Kompromiss, an dem die Grünen beteiligt waren. Wir haben den Schwerpunkt Wissenschafts-Investitionen mit durchgesetzt, auf den heute alle stolz sind. Es gibt Bereiche, in denen die Sanierungspolitik erfolgreich war, etwa beim Technologiepark um die Universität – auch keine Erfindung der großen Koalition. Wir kritisieren nicht die Sanierungspolitik insgesamt, sondern die Fixierung auf Teer und Beton.
Der SPD-Fraktionschef fordert seit einem Jahr die Neujustierung der Sanierungspolitik. Braucht es dazu die Grünen?
Wenn die SPD das mit der CDU machen könnte, ‚hätte sie es längst getan. Der Kurswechsel der SPD ist auch ein Ergebnis unserer Oppositionspolitik. Die SPD hat gerade da viele grüne Forderungen aufgegriffen: Wir wollen eine Sanierungspolitik, die die beiden Städte attraktiv macht. Neue Einwohner vertreibt man, wenn man über neue LKW-Trassen diskutiert. Wir wollen kleine und mittelständische Betriebe fördern, wir wollen die Breite des Kulturangebotes betonen. Und wir wollen die Blockade zwischen CDU und SPD in der Bildungspolitik beenden.
Haben die Grünen das Personal, im Senat mitzuregieren?
Das entscheiden die Wählerinnen und Wähler.
Auf der grünen Mitgliederversammlung wurde gesagt, die Stimmung in der Stadt ist nicht sehr für Wechsel.
Es kann keine Euphorie für einen Wechsel geben. Niemand kann den Menschen große Wohltaten versprechen. Die Finanzlage wird schwierig bleiben. Aber es gibt in breiten Teilen der politischen Öffentlichkeit einen Überdruss, weil diese Koalition Demokratie-tötend ist. Wir werden weniger Geld für Großprojekte verschwenden. Wir können einen bevölkerungsnahen, demokratischeren Kurs versprechen.
Fragen: K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen