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themenläden und andere clubsDer Shark-Club setzte auf die zahlungskräftige Prominenz, die es in Berlin niemals gab

Heimatlose Babyhaie

Ein weiterer Rückschlag für das Nachtleben in Berlin: Nachdem er einige Jahre einigen Menschen Freude in den Alltag zu bringen versuchte, ist nun auch für den Shark Club vorbei. Wie man der Namenswahl ungefähr entnehmen kann, war der Shark Club der Club, der sich ein, zwei Babyhaie in einem Aquarium hielt, das der Kundschaft die interessante Möglichkeit zur Spiegelung in direkter „Raubfischnähe“ bot. Das Aquarium war mittig platziert, was die Gruppierung um das Aquarium erheblich begünstigte. Schade war jedoch, dass auch die Babyhaie meist die Aquariummitte bevorzugten, weshalb man sie nur selten sah. Beruhigend war hingegen, dass man ja dank der Namenswahl wusste: Sie waren da, wo auch immer.

Wo sie nun sind, ist jetzt nicht ganz sicher, und auch die Kundschaft wollte in der letzten Zeit immer seltener kommen. Denn auch der Shark Club setzte auf die zahlungskräftige Prominenz, die es in Berlin niemals gab. Und wenn es in Berlin einmal Prominenz gegeben haben sollte, so ließ sie sich eher selten als zahlungskräftig bezeichnen. Und selbst die Zahlungskräftigen, die sich für Prominente hielten, hatten nach der Medienkrise und dem Einbrauch der New Economy ihre Zahlungskräftigkeit verloren. Problematisch war in diesem Zusammenhang auch, dass der Shark Club sich an einer Adresse befand, die zunächst hinsichtlich zentraler Lage und Zielgruppennähe vielversprechend schien, die sich aber bald als Problem erweisen sollte, weil kein Taxifahrer die Straße kennt; und das ist bei einer Zielgruppe, die keine Fußmärsche gewohnt ist, kein zu unterschätzendes Problem. Die Straße, in der sich der Shark Club fand, ist nämlich derart klein, dass sie gar keine Straße ist.

Zwar mochten einige argumentieren, dass sich das Größenverhältnisverhältnis zwischen Hai und Babyhai in der Straßenfrage wiederfand, doch das war wohl zu weit gedacht. Trotz all der Probleme, die dem Shark Club das Überleben erschwerten, ließ der Prominentenclub mit Fischinterieur es sich nicht nehmen, sich aus einem Anlass zu verabschieden, der in Sachen Größe und Stil wohl unübertroffen ist. Nicht Pleite, Drogenfunde oder Messerstechereien wurden ursächlich angeführt, sondern die strikte Verweigerung jeglicher Zahlung von Gema-Gebühren.

Zur Erklärung: Weil kein Komponist, Textdichter oder Verleger selbst überprüfen kann, wo, wann, wann sein Titel gespielt wird, regelt die Gema (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) die zu zahlende Vergütung. Als staatlich anerkannte Treuhänderin verwaltet die Gema die Nutzungsrechte von rund 45.000 Mitgliedern und über einer Million ausländischen Berechtigten. Ihre Arbeit unterliegt der Aufsicht und Kontrolle durch das Deutsche Patentamt, das Bundeskartellamt, den Berliner Justizsenator und die Mitgliederversammlung der Gema. So ist sichergestellt, dass alle Beteiligten fair behandelt werden: Komponisten, Textdichter etc. bekommen ihren gerechten Lohn. Die Kunden der Gema, die Musik für ihre Zwecke nutzen, haben Zugang zum urheberrechtlich geschützten musikalischen Weltrepertoire. Nur der Shark Club nun nicht mehr. HARALD PETERS

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