: Für Volksvertreter gibt‘s nur noch Kalender und Kulis
Kölns Ratsmitglieder sollen lernen, künftig zwischen privaten und beruflichen Interessen zu trennen. Einem von OB Fritz Schramma vorgelegten „Leitfaden“ zufolge soll bereits der Anschein einer möglichen Vorteilsnahme vermieden werden. Einige Regelungen sorgen für Diskussionen
KÖLN taz ■ Wer im Herbst für den Kölner Stadtrat kandidiert, wird sich auf strengere Regeln einrichten müssen. Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) hat einen Anti-Korruptionskatalog entwerfen lassen, der künftig für alle Politiker gelten soll. Der „Leitfaden“, der zusammen mit Staatsanwälten ausgearbeitet wurde, soll in den nächsten Wochen vom Stadtrat beschlossen werden.
Jedes einzelne Ratsmitglied soll für mehr Transparenz und Offenheit sorgen, wenn es um die Trennung von Mandat und privaten oder beruflichen Interessen geht, heißt es in dem Papier, das der taz vorliegt. Unberechtigten Verdächtigungen könnten durch frühzeitiges und freiwilliges Offenlegen die Grundlage entzogen werden. Bereits der Anschein von Vorteilsnahme solle vermieden werden.
Mit ihrem „Leitfaden“ sollen die Ratspolitiker lernen, was Andere als angemessen beurteilen und so erfahren, dass „kommunikatives Handeln“ durchaus erlaubt und wünschenswert ist. Die Teilnahme an Arbeitsessen, Empfängen oder Karnevalssitzungen ist deshalb „sozialadäquat“. Sie dürfen aber jeweils einen Wert von 100 Euro nicht überschreiten. Wer teurere Feste besucht, muss das grundsätzlich dem OB anzeigen.
Wenn es Freikarten für Ratsmitglieder bei den städtischen Bühnen oder der KVB gibt, muss das auf einem Ratsbeschluss beruhen. Darüber hinaus können auch Tickets angenommen werden, die im direkten Zusammenhang mit der Funktion des Ratsmitglieds stehen. Jedes Ratsmitglied soll dem Oberbürgermeister jährlich eine Übersicht aller angenommenen Freikarten vorlegen.
Geld und Sachgeschenke dürfen Kölns Volksvertreter künftig grundsätzlich nicht mehr annehmen. Ausnahmen sind lediglich billige Kalender oder Kulis. Wer bei offiziellen Terminen zum Beispiel im Ausland ein Gastgeschenk erhält, muss es sofort beim OB abliefern. Auch wer in Aufsichtsräten städtischer Gesellschaften beschenkt wird, muss das melden.
Einladungen zu Reisen dürfen privat nur dann angenommen werden, wenn jeder Zusammenhang mit dem Mandat ausgeschlossen ist. Mögliche Spenden müssen penibel aufgelistet werden und ab 2.500 Euro jährlich dem OB gemeldet werden. Beraterverträge sollen streng überprüft werden. Wenn sie mehr als 10.000 Euro im Jahr einbringen, muss der Hauptausschuss sie genehmigen. Im übrigen sieht die Vorschrift vor, dass jeder Bestechungsversuch beim OB angezeigt werden muss.
Umstritten ist im Rathaus auf jeden Fall, dass auch Zuwendungen an Dritte wie etwa Ehe- oder Lebenspartner anzugeben sind. Auch sie müssen sich den Anzeige- und Genehmigungspflichten unterwerfen. Für Diskussionen sorgt auch die Regelung, dass die Stadt alle erteilten Genehmigungen und Angaben auf der städtischen Internetseite veröffentlichen darf, sofern keine „begründeten“ Widersprüche dagegen vorliegen. FRANK ÜBERALL
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