piwik no script img

Subventionsglück auf die bayrische Art

In Bayern zahlte das Agrarministerium viel zu viel Subventionen an seine Bauern, bemängelt der Rechnungshof. Trotz Besserungsschwüren lassen sich die bayrischen Behörden Zeit mit den Rückforderungen an ihre Bauern

AUS MÜNCHEN KLAUS WITTMANN

Viel wird über den Brüsseler Subventionssegen an unsere Landwirte spekuliert. Der Bayrische Oberste Rechnungshof (ORH) wollte es einmal genau wissen und nahm die Subventionspraxis unter die Lupe – mit verheerendem Ergebnis: Subventionen in mehrstelliger Millionenhöhe seien verschwendet worden. Und vermutlich ist das auch in anderen Bundesländern so, denn nach Auskunft des Prüfungsgebietsleiters wurden bislang in keinem anderen Bundesland die Zahlungen so genau überprüft.

Die Prüfer nahmen sich vor allem das Kernstück der bayerischen Landwirtschaftspolitik vor: das Agrarinvestitionsförderprogramm, aus dem im Zeitraum von 1995 bis 2001 mehr als 860 Millionen Euro an bayerische Bauern geflossen sind – erhebliche Summen davon laut ORH zu Unrecht.

So flossen an viele Schweinebauern zu viele Subventionsgelder, weil die einfach ihre Stallneubauten als reine Erneuerung deklarierten. Eigentlich gewährt die EU nur dann Gelder, wenn der Viehbestand bei der Stallerneuerung nicht erhöht wird. Also erhöhten einige Bauern die Zahl des Viehs schnell noch kurz vor Antragstellung, kritisiert der ORH-Vizepräsident Rainer Conrad. „Diese Ausgangslage ist in vielen Fällen getürkt worden, indem höhere Schweinebestände gehalten wurden, zum Teil unter abenteuerlichen Umständen in Garagen, in aufgelassenen Fahrsilos und dergleichen mehr. Das hat in 100 von uns geprüften Fällen dazu geführt, dass statt der ursprünglichen geplanten 40.000 Schweineplätze nahezu 70.000 vorhanden waren.“

Als der Rechnungshof Anfang Dezember seine Erkenntnisse vorlegte, versprach der zuständige Minister Josef Miller (CSU) schnelle Rückforderung der zu viel gezahlten Gelder: „Das wird in diesem Jahr abgeschlossen!“

Doch davon sind Bayerns Behörden weit entfernt: Noch seien bei mehreren Bezirksregierungen Rückforderungsbescheide nicht abschließend bearbeitet, erklärt Millers Sprecher Alfons Kraus. Der Regierungsbezirk Mittelfranken beispielsweise hinke in der Bearbeitung erheblich nach und in Unterfranken wurden von 78 kritisierten Förderfällen erst 13 abgeschlossen. Weiter sind da bereits Oberbayern, die Oberpfalz, Schwaben und Niederbayern. Dort haben immerhin 35 Höfe einen Rückforderungsbescheid bekommen.

Landwirtschaftsminister Miller sagte, in keinem der Vorgänge, die an die Staatsanwaltschaften abgegeben wurden, sei bislang Anklage erhoben worden. Das ist aus Sicht der Experten auch nicht verwunderlich, denn dort, wo die Landwirtschaftsämter die Förderungen bewilligt haben, könne der Staatsanwalt kaum mehr etwas machen. Der Rechnungshof kritisiert denn auch eine zu große Nähe der Ämter zu den Bauern. Auch innerhalb der Bauernschaft gibt es Kritik am Subventionsunwesen. „Das geht zu Lasten des ganzen Berufsstandes“, klagt beispielsweise der Unterallgäuer Bauer Andreas Blank.

Die Rechnungshofkritik bezieht sich jedoch nicht nur auf Fälle von Subventionsbetrug, sondern auch auf die grundsätzliche Förderpolitik. Zuweilen werden enorme Summen in fragwürdige Projekte gesteckt, wie etwa die Futtertrocknung. Sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht hegt der Rechnungshof erhebliche Zweifel an ihrem Sinn. Geradezu grotesk sei der hohe Energieverbrauch bei der Grünfuttertrocknung, kritisiert ORH-Vizepräsident Conrad. „Das Programm läuft im Wesentlichen mit Geldern der EU, aber auch dieses Geld wächst ja nicht auf den Bäumen, sondern es kommt von Steuerzahlern.“

Der Rechnungshof listet alleine für die Grünfuttertrocknung in Bayern 17,2 Millionen Euro von der EU auf und noch einmal 1,3 Millionen an Landesmitteln für die Geschäftsführung. Landwirtschaftsminister Josef Miller, der prinzipiell nach der herben Kritik des ORH Besserung gelobt, verteidigt die Futtertrocknung trotzdem, wenn auch mit Einschränkungen. „Also, wir fördern längst schon keine Neuanlagen mehr.“ Dennoch seien einige Anlagen bereits gebaut, sagt Miller. „Wir hätten gar keine Möglichkeit, den Bauern diese Mittel vorzuenthalten, weil sie in der gesamten EU gewährt werden.“

Zudem stünde dem fraglos hohen Energieverbrauch die Erzeugung von heimischem Eiweiß gegenüber, ergänzt der Agrarminister. Und zwar ein Protein-Reinertrag von zwei bis zweieinhalb Tonnen pro Hektar. Das überzeugt die Rechnungsprüfer nicht: Das gleiche Ergebnis, so der ORH, könne auch mit einem weit weniger aufwändigem Verfahren erreicht werden, nämlich der Silageproduktion.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen