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Links, wo ganz viele Linke sind

Wieder mal kommt eine linke Internationale: Elf Parteien, darunter die PDS, haben in Berlin zur Gründung der „Partei der Europäischen Linken“ aufgerufen. Sie soll sich im April konstituieren. Ihr Ziel: ein ganz anderes Europa, als alle anderen wollen

AUS BERLIN JENS KÖNIG

Eine kleine Partei kann plötzlich ganz groß werden, sie muss einfach nur Scheuklappen aufsetzen. Das verengt den Blickwinkel. „Ich beobachte sehr genau die deutsche Presse“, sagt Miloslav Ransdorf. „Hier wird viel über die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens geschrieben. Leider muss ich immer wieder lesen, dass wir eine stalinistische Partei sind.“ Randsdorf pumpt Luft in seinen Brustkorb. „Ganz offen: Das ist eine Lüge.“

Randsdorf ist stellvertretender Chef dieser offenbar weltweit beachteten Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens. Der Tscheche spricht seine Sätze in fehlerfreiem Deutsch. Trotzdem versteht ihn hier im Berliner Abgeordnetenhaus keiner. Erst recht nicht Jiří Hudeček. Hudeček sitzt neben Randsdorf. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Partei des Demokratischen Sozialismus Tschechiens. Hudeček würde seinen Landsmann nicht mal verstehen, wenn Randsdorf Tschechisch spräche. Dabei sind beide Kommunisten.

Aber genau darin liegt ja das Problem. Randsdorf und Hudeček sind sich spinnefeind. Früher, als ihr Land noch Tschechoslowakei hieß und sozialistisch war, waren sie in der gleichen Kommunistischen Partei. Heute hat jeder seinen eigenen kommunistischen Laden aufgemacht. So gesehen sind Randsdorf und Hudeček ein vorzügliches Beispiel für die Schwierigkeiten, die auf alle zukommen, die kommunistische, sozialistische, orthodoxe und radikale Linke miteinander versöhnen oder gar vereinigen wollen, und das noch in ganz Europa.

Aber nichts weniger als das hat sich die PDS vorgenommen. Die deutschen Sozialisten waren die treibende Kraft hinter einem Vorhaben, das am Wochenende seinen vorläufigen Höhepunkt fand: der Gründung einer europäischen Linkspartei. 19 Parteien aus ganz Europa waren dazu nach Berlin gekommen, 11 von ihnen hatten am Ende den Gründungsappell unterschrieben: Franzosen, Italiener, Spanier, Griechen, Österreicher, Esten, Luxemburger, Slowaken, Tschechen sowie die PDS. Weitere können noch hinzukommen. Die Gründung selbst soll im April erfolgen. Bei der Europawahl im Juni wollen sie schon unter der gemeinsamen Fahne antreten.

Keine neue Komintern soll es sein und keine Zweigstelle der Sozialistischen Internationale – sondern die neue „Partei der Europäischen Linken“. Wenn es nach den Vorstellungen von PDS-Chef Lothar Bisky geht, eine richtige Partei mit Vorstand und einem alle zwei Jahre wechselnden Vorsitzenden, am besten mit Sitz in Brüssel. Aber über solche Statutenfragen haben sich die Gründungsparteien noch nicht einigen können. Ihre politischen Differenzen verstecken sie einstweilen hinter schönen Formulierungen von einem „anderen Europa“, das demokratisch, sozial, ökologisch, feministisch und natürlich friedlich sein soll. Die Linkspartei versteht sich als „Alternative zur herrschenden Politik in Europa“, wie sie in ihrem Gründungsaufruf formuliert.

Die PDS verspricht sich von der Linkspartei mehr europapolitisches Profil, eine bessere Vernetzung mit den sozialen Bewegungen und, natürlich nur nebenbei, 200.000 Euro aus den Parteitöpfen der EU. Bisky war gestern ganz ergriffen: „Ein historischer Tag“, sagte er.

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