piwik no script img

Politisches Engagement von Professoren unerwünscht

Dem Kölner Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge drohen Disziplinarmaßnahmen. Der Senat der Uni Köln unterstellt ihm, er habe im November bei einer Podiumsdiskussion Studierendenproteste initiiert. Rektor Küpper wirft ihm vor, den Programmablauf gestört zu haben

KÖLN taz ■ Der Senat der Kölner Universität droht einem Politikprofessor mit Disziplinarmaßnahmen, nachdem dieser im November auf einer Podiumsdiskussion im Uni-Hauptgebäude Kritik am Sozialabbau geübt hat. Das geht aus einem Protokoll des Senats vom Dezember 2003 hervor, das jetzt öffentlich wurde. Das Verhalten des Professors vermittle „der Öffentlichkeit ein schlechtes Bild der Universität zu Köln“, heißt es dort.

Christoph Butterwegge, Professor für Politikwissenschaft an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät und bundesweit bekannt für seine Publikationen über Rechtsextremismus und Neoliberalismus, hatte Ende November auf dem Podium einer Veranstaltung des universitären Fördervereins „Köln-Alumni“ Platz genommen – auf Drängen von protestierenden Studierenden und auf Bitten des Rektors Tassilo Küpper, wie er betont.

Zu der vom Bayer-Konzern gesponserten Veranstaltung zum Thema soziale Sicherungssysteme waren neben einem Vertreter des Gesundheitsministeriums und dem Gesundheitsökonom Karl Lauterbach ausschließlich Wirtschaftswissenschaftler als Redner geladen. Kein ausgewogenes Verhältnis, fand ein Bündnis von Kritikern und rief zu einer Protestkundgebung auf. Laut Dieter Asselhoven, Mitglied der Hochschulgruppe „Alternative Liste“, der die Kundgebung angemeldet hatte, bot der Rektor den Studierenden als Kompromiss an, eine Person für das Podium zu benennen. Daraufhin schlugen diese den im Publikum anwesenden Butterwegge vor.

Von diesem Kompromissangebot will Rektor Küpper heute nichts mehr wissen. Auf der Senatssitzung im Dezember wurde von professoraler Seite spekuliert, Butterwegge sei der eigentliche Initiator der Proteste gewesen, berichtet Karsten Kratz, studentischer Vertreter im Senat. Begriffe wie „disziplinarrechtliche Maßnahmen“ und „akademische Rüge“ seien in der hitzigen Diskussion gefallen. Zu einem Nachspiel im Senat kam es am 7. Januar. Kratz beanstandete das Protokoll der vorherigen Sitzung, in dem von einer „einvernehmlichen Missbilligung“ die Rede sei. Sein Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, eine andere Formulierung würde die Rüge zu sehr abschwächen.

Butterwegge selbst hat bisher von der Universität noch keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Asselhoven erläutert, durch seine Teilnahme habe Butterwegge „zur Deeskalation des Konflikts beigetragen und eine Podiumsbesetzung verhindert“. „Dass man mir hinterher unkollegiales Verhalten vorwirft, finde ich äußerst merkwürdig“, kritisiert Butterwegge. Für den Rektor ist jedoch „uninteressant“, wer Butterwegge um seine Teilnahme gebeten habe. Er wirft ihm vor, den Programmablauf gestört zu haben, was Butterwegge von sich weist. Zu den angedrohten Konsequenzen befragt, wiegelt Küpper ab: „Da wird wohl nichts mehr kommen.“ Es müsse aber noch ein Gespräch mit Butterwegge stattfinden.RAPHAELA HÄUSER, BEATE SCHULZ

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen