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Porsche beruhigt die Börsen ein bisschen

Der VW-Kurs stürzt fast um die Hälfte ab, trotzdem ist das Papier weiterhin viel zu teuer. Porsche greift zum ersten Mal offiziell in die Kursrallye ein und gewinnt dabei rund eine Milliarde Euro. Die deutsche Börse reduziert das Gewicht von VW im DAX

VON ULRIKE HERRMANN UND JÜRGEN VOGES

Die VW-Aktie ist immer noch für Rekorde gut: Am Mittwoch sank der Kurs in sensationeller Geschwindigkeit. Bei Börsenschluss stand das Papier bei 517 Euro; am Dienstag war eine VW-Aktie zeitweise bis zu 1.005 Euro wert gewesen.

Damit reagierte die Börse auf die Ankündigung von Porsche, man werde „je nach Marktlage“ Cash-Optionen auf VW-Aktien auflösen – und zwar bis zu 5 Prozent. Diese Prozentzahl mag zwar niedrig klingen, faktisch bedeutete sie jedoch, dass das reale Angebot an VW-Aktien deutlich steigen könnte.

Denn bisher waren nur noch 5,7 Prozent der VW-Aktien als echter Streubesitz in Umlauf. 42,6 Prozent der VW-Aktien besitzt Porsche bereits, auf weitere 31,5 Prozent hielt das Unternehmen Cash-Optionen. Zudem besitzt auch das Land Niedersachsen noch 20,2 Prozent an VW. Lange war unbekannt, wie umfangreich Porsche schon bei VW eingestiegen war. Erst am Sonntagabend rückte das Stuttgarter Unternehmen mit einer Erklärung heraus. Seit Montag herrschte daher Panik an den Börsen. Denn nun wurde offenbar, dass allzu viele Spekulanten mit Leerverkäufen auf fallende Kurse gesetzt hatten, indem sie geliehene VW-Aktien weiterverkauft hatten. Diese Aktien mussten sie nun zurückkaufen – und zwar zu jedem Preis. Da war es natürlich eine Beruhigung für die panischen Leerverkäufer, von Porsche zu erfahren, dass das Angebot an Aktien wieder steigen wird.

Bisher blieb es allerdings weitgehend bei Ankündigungen: Konkret hat Porsche nur Optionen in Höhe von knapp einem Prozent der VW-Aktien aufgelöst, wie das Unternehmen am Mittwoch bekannt gab. Aber selbst diese relativ kleine Transaktion dürfte mindestens eine Milliarde Euro Gewinn in die Kassen von Porsche gespült haben – und das ist noch konservativ geschätzt.

Noch immer rätseln Börsenbeobachter, was für ein Spiel Porsche eigentlich treibt. Hartnäckig hält sich der Verdacht, dass Porsche in Wahrheit VW gar nicht übernehmen wolle, sondern einfach nur die Kurse nach oben treibt, um an seinen Cash-Optionen maximal zu verdienen. Porsche sah sich daher genötigt, am Mittwoch erneut zu versichern, dass man an dem Ziel festhalte, 2009 den Anteil an VW auf 75 Prozent zu erhöhen. Der Verkauf der Optionen sei „eine einmalige Maßnahme“. Gleichzeitig verwahrte sich Porsche auch gegen das Gerücht, man hätte den VW-Kurs durch eigene verdeckte Aktiengeschäfte manipuliert: „Porsche war während dieser Kursbewegungen nicht im Markt aktiv.“

Aber nicht nur Porsche hat den VW-Kurs am Mittwoch auf Talfahrt geschickt: Schon am Dienstagabend hatte die deutsche Börse angekündigt, dass sie ab kommender Woche den deutschen Aktienindex DAX neu gewichten will: Die VW-Aktie soll dann nur noch maximal 10 Prozent der Marktkapitalisierung ausmachen. Damit soll die Verzerrung im DAX zumindest ein wenig korrigiert werden, denn durch die Kursexplosionen hatte VW zwischenzeitlich fast ein Drittel des DAX-Wertes bestimmt.

Damit vollzieht die Börse einen Kursschwenk. Ursprünglich wollte sie den DAX erst im Dezember neu gewichten, denn turnusgemäß wird der Index nur alle drei Monate überprüft. Doch offenbar wurde der Druck der Händler zu groß: Die Anlagestrategie vieler Fonds orientiert sich am DAX – und diese Fonds gerieten nun ebenfalls ins Schleudern, weil sie gezwungen waren, VW-Aktien zu Fantasiepreisen nachzukaufen. Hätte die deutsche Börse nicht nachgegeben – sie hätte riskiert, dass der DAX international an Bedeutung verliert. Denn viele andere Indizes hatten angekündigt, dass sie das Gewicht von VW reduzieren würden. Von einer Normalisierung ist die VW-Aktie aber noch weit entfernt. Analysten halten 60 bis 140 Euro für angemessen.

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