China will von Bremen lernen

Zwei chinesische Erzieherinnen waren drei Monate in der Stadt, um hier frühpädagogische Arbeit zu studieren – die gerade zusammengestrichen wird

Bremen taz ■ In Shanghai blickt man auf Bremen, jedenfalls was die Kindergärten und die Integration behinderter Kinder angeht. Denn Bremen gilt als vorbildlich, jedenfalls die evangelischen Kindergärten und ihre engagierte Vertreterin Ilse Wehrmann. Im Rahmen des abgeschlossenen Kooperationsvertrages zwischen Wehrmann als Vertreterin des Landesverbandes Evangelischer Kitas, des Pädagogik-Experten Wassilios Emmanuel Fthenakis und der Bildungskommission von Shanghai sind in den letzten drei Monaten zwei chinesische Erzieherinnen in Bremen gewesen und haben hier in den Kitas von „Unser Lieben Frauen“ und von Borgfeld Bremer Kitas studiert. Gestern berichteten Zhi Wei und Zhang Yi von ihren Eindrücken.

Die Gestaltung der Kita-Räume, die Verwendung natürlicher Materialien, die „harmonische und freie Atmosphäre“, die es den Kindern ermöglicht, sich wohl zu fühlen im Kindergarten – alles das hat Eingang in die Berichte der beiden Chinesinnen gefunden. Deutsche Kinder dürften mehr frei toben, der Kita-Tag sei in China festgelegter, stellten die beiden fest. Aber insgesamt, so ihre Beobachtung, gebe es zwischen den Bedürfnissen der Kinder keine Unterschiede: „Kinder sind bei uns auch so.“

Erstaunt waren die beiden chinesischen Pädagoginnen, dass Kitas hierzulande keinen Pförtner haben, der für Sicherheit verantwortlich ist, und dass die Toiletten nicht getrennt sind für Jungen und Mädchen – überhaupt die Toiletten! Die Chinesinnen, die Steh-Pissoirs gewohnt sind, empfinden unsere Toiletten als unhygienisch. Und in China wird von den Kindern erwartet, dass sie in den Kitas schon etwas rechnen lernen und die Zahlen bis 100 kennen.

Während in Bremen gerade gespart werde bei der frühkindlichen Pädagogik, exportiere Bremen seine Erfahrungen nach China, stellt Ilse Wehrmann verwundert fest. Dort genössen Erzieherinnen ein höheres gesellschaftliches Ansehen – heute schon sei ein Hochschulstudium für diesen Beruf unabdingbar. Zudem müssten chinesische Erzieherinnen über ihre Arbeit Rechenschaft ablegen in Lernentwicklungsberichten, die mit den Eltern besprochen und an die Schule weitergegeben werden. Wehrmann: „Wir hängen in der Entwicklung der Frühpädagogik zehn Jahre zurück in Deutschland.“ kawe