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Betonierte Fronten

Bei den Tarifverhandlungen in der Zeitungsbranche proben die Journalisten den Ausstand. Die Verleger zeigen sich vom Streikwillen wenig beeindruckt

VON THILO KNOTT

Vor dem Arbeitskampf in der Zeitungsbranche geht es um den Kampf der Deutungshoheit. Nachzulesen beispielsweise an den schwarzen Brettern in den Verlagen. Die Journalistengewerkschaften schickten Flugblätter an die bundesweit 14.000 Redakteure und mobilisierten gegen die „Betonpositionen“ des Bundes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Der Verlegerverband wiederum informierte seine Mitglieder in einem Rundschreiben und forderte den Deutschen Journalisten-Verband (DJV) sowie Ver.di auf, „endlich die Realität“ von „extremen wirtschaftlichen Beeinträchtigungen“ der Zeitungsverlage zu erkennen und sich wieder an den Verhandlungstisch zu setzen.

Die üblichen Wortgefechte eben vor einer Auseinandersetzung, wie sie es seit 15 Jahren nicht mehr gegeben hat: In der nächsten Woche wird es erstmals seit dem Kampf um den Ausbildungstarifvertrag 1989 wieder Urabstimmungen geben. Der DJV benötigt eine Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder, Ver.di das Ja von 75 Prozent. Danach kann gestreikt werden. „Eine erste Welle“ werde es geben, heißt es bei Ver.di. Dem Vernehmen nach sollen die Urabstimmungen und Streiks zunächst in ausgewählten Zeitungsverlagen stattfinden. Schwerpunkte werden Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern sein. Bisher beteiligten sich an Warnstreiks bis zu 2.000 Redakteure. Zeitungen erschienen in verringertem Umfang. Es gab Notausgaben – zusammengezimmert von Chefredakteuren, Volontären und freien Mitarbeitern. „Das wird sich wohl noch verschärfen“, sagt Ver.di-Tarifsekretär Matthias von Fintel. Sorgen um die Mobilisierung macht sich DJV-Sprecher Hendrik Zörner nicht: „Das Gefühl ist: Jetzt reicht’s!“

Der Verlegerverband zeigt sich unbeeindruckt vom Streikwillen der Journalisten. Es sei unverständlich, sagt BDZV-Sprecher Hans-Joachim Fuhrmann, dass die Redakteure „für die Erhaltung von 35 Tagen Urlaub und 14 Monatsgehältern auf die Straße gehen“. Wenn es bei diesem Tarifniveau bleibe, müssten Arbeitsplätze abgebaut werden. Der Aufforderung der Gewerkschaften, mit einem neuen Angebot an den Verhandlungstisch zurückzukehren, wird der BDZV vorerst jedenfalls nicht nachkommen. Fuhrmann: „Unser Angebot steht!“

Das Angebot umfasst Einschnitte beim Gehalt, vor allem aber beim Manteltarifvertrag, der die Arbeitsbedingungen regelt und schon seit einem guten Jahr offen ist. Der BDZV verlangt die Streichung von fünf Urlaubstagen (30 statt 35) und die Reduzierung des Urlaubsgeldes um 25 Prozent. Von einer Ausweitung der 36,5-Stunden-Woche sieht der BDZV nach eigenen Angaben mittlerweile ab. Doch zudem wollen die Verleger eine Nullrunde beim Gehalt für die nächsten zwei Jahre. „Ein Junktim“, sagt Fuhrmann. Erst wenn über den Manteltarifvertrag verhandelt werde, könne man über Gehälter reden. Aufgrund dieses Angebots erklärten die Gewerkschaften die Verhandlungen für gescheitert und beschlossen einstimmig die Urabstimmung.

Mit dem Gehaltsangebot hätten die Verleger eindeutig überzogen, heißt es bei Ver.di, „ein großer Fehler“. Doch allein die Forderungen bezüglich des Manteltarifvertrags würde die Arbeitsbedingungen und damit die journalistische Qualität erheblich einschränken. „Der Manteltarifvertrag muss unverändert wieder in Kraft gesetzt werden“, fordert von Fintel. Sollten die Gewerkschaften tatsächlich damit durchkommen, rechnen sie allerdings nicht mit einer Verschnaufpause. „Das permanente Kriegsbeil ist ausgegraben“, sagt ein Ver.di-Mann, „die Friedenspfeife wird wohl wegfallen.“

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