: Jungliberales Domain- Kidnapping
Der stellvertretende Landesvorsitzende der Jungen Liberalen in NRW, der Erkenschwicker Marco Neisen hatte sich Internetadressen spd-oe.de und erkenschwick.de gesichert. Dafür wird er nun abgemahnt
Ruhr taz ■ Marco Neisen hatte an der Adresse www.erkenschwick.de nur sechs Tage Spaß. Die Seite, die auf die Internetpräsenz der Oer-Erkenschwicker FDP umleitete, wurde nach seinen Angaben 88 Mal besucht. „Und der größte Teil der Besucher kam, nachdem der Artikel über die Umleitung in der Zeitung stand“, sagt Neisen.
Neisen ist Ratskandidat der FDP für den Kommunalwahlkampf und stellvertretender Landesvorsitzender der Lungen Liberalen. Er habe nur einen Spaß machen wollen, als er auch die Adresse www.spd-oe.de, die er seit zwei Jahren besitzt, auf die Seite der FDP umleitete. Sein Humor könnte ihn jetzt teuer zu stehen kommen: Der Anwalt der SPD in Oer-Erkenschwick legte den Wert des Domainstreits auf 20.000 Euro fest. Bis heute hat der Jungliberale Zeit, eine Unterlassungserklärung der SPD zu unterschreiben. Das hätte zur Folge, dass er noch die Anwaltskosten für die SPD berappen müsste. Für Neisen ist der Fall klar: „Man will mich im Kommunalwahlkampf als schlecht darstellen.“ Zudem versuche die SPD, bei der es ja nach den Austritten der 15 Jusos (taz berichtete) sowieso überall brenne, dem Kommunalwahlkampf der FDP finanziell zu schaden. 585 Euro fordert der Anwalt der Sozialdemokraten vom Jungliberalen. Dass er sich finanziell vom Kreisverband der FDP unterstützen lasse, komme aber nicht in Frage, sagt Neisen. „Dann gehe ich lieber privat in die Knie“, sagt der 20jährige Zivildienstleistende.
Die Stadtverwaltung und die SPD hätte ihn ja anrufen können, dann hätte er die Weiterleitung sofort abgeschaltet, sagt Neisen. Auch die Stadt ließ der Nummer eins der FDP-Kandidatenliste eine Abmahnung mit Anwaltskosten von 585 Euro zukommen. Für den Liberalen ist das gleichzeitige Vorgehen der Stadt und der SPD gegen ihn ein Zeichen, wie verfilzt die Verwaltung der Stadt mit den Sozialdemokraten sei. Für diese Behauptung holt er sich einen Verbündeten ins Boot und zitiert den Ex-Juso Tim Czournohus mit den Worten: „...dass die Stadtverwaltung die SPD inzwischen zur willenlosen fünften Kolonne gemacht hat.“ Czournohus sagt zur taz, dass er sich zu dem Domain-Streit noch nie öffentlich geäußert hat. „Das Zitat fiel in einem anderen Zusammenhang“, sagt Czournohus. Für ihn ist der Streit nur eine Posse. Als er vor einem Jahr den Stadtverbands-Chef der SPD, Andreas Krebs auf das Domain-Problem aufmerksam gemacht habe, hätte dieser nur ein müdes Lächeln dafür übergehabt, sagt Czournohus. ELMAR KOK
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