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lexikon der globalisierungFiskalpolitik

Staatsausgaben stellen öffentliche Güter bereit. Höhe und Verwendung der Ausgaben sowie ihre Finanzierung durch Steuern und öffentliche Kreditaufnahme beeinflussen die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und Beschäftigung. Sofern politische Entscheidungsträger diese zuletzt genannten Größen gezielt beeinflussen, spricht man von Fiskalpolitik.

Erstmals ist eine solche Politik im Verlauf der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre ausprobiert worden. Die Krise war von Massenarbeitslosigkeit und ungenutzten Produktionsanlagen gekennzeichnet und durch eine mangelnde gesamtwirtschaftliche Nachfrage ausgelöst. Die finanzschwache Bevölkerung kaufte kaum Konsumgüter; die Wirtschaft investierte nicht, da ohnehin Überkapazitäten bestanden.

Zwar hätte eine Umverteilung von Gewinnen, mit denen nun nicht mehr investiert wurde, hin zu den Löhnen, die fast vollständig in den Konsum fließen, die Nachfrage des privaten Sektors erhöhen können. Dies aber geschah nicht, da sich die Arbeiterbewegung nicht auf eine entsprechende Strategie einigen konnte. Gleichzeitig wandten sich die vermögenden Klassen vehement gegen jegliche Forderungen nach sozialen Reformen.

Erst durch eine Ausweitung der kreditfinanzierten Staatsausgaben, insbesondere zur Rüstung für und während des Zweiten Weltkriegs, wurde die Wirtschaftskrise überwunden.

Nach dem Krieg konnte eine neue Krise verhindert werden, weil die Rüstungsausgaben sehr hoch blieben und soziale Reformen starteten. Diese Reformen verbesserten die Lebensbedingungen vor allem der Arbeiter und trugen so dazu bei, dass die Nachfrage anstieg und sich stabilisierte.

Gegen die Fortsetzung dieser expansiven Fiskalpolitik formierte sich innerhalb der vermögenden Klassen Widerstand, als Vollbeschäftigung und die damit verbundene Stärkung der Arbeiterbewegung diese zur Forderungen nach weiter gehenden Reformen ermutigte.

In den 1970er-Jahren erfolgte die Wende zur sozialer Gegenreform. Staatsschulden, bis dahin ein akzeptierter Bestandteil der Wirtschaftspolitik, dienen seither zur Begründung von Ausgabenkürzungen – und ziehen steigende Arbeitslosenzahlen nach sich. INGO SCHMIDT

Das Lexikon der Globalisierung entsteht in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat von Attac und erscheint jeden Montag.

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