9. november in bremen: „Die Aussagen der Täter“
Das Haus von Forum Kirche war 1938 die Schaltzentrale der Pogromnacht
taz: War die Geschichte des Hauses bekannt, als die Kirche es gekauft hat?
Ruth Fenko, Forum Kirche:
Natürlich wussten wir, dass es bis 1934 im Besitz einer Bankiersfamilie und dann von der SA war. Wir kannten auch die besondere Rolle, die es in der Reichspogromnacht 1938 hatte. Seit wir das Haus 1993 übernommen haben, haben wir überlegt, wie wir auf diese schwere, bedrückende, braune Vorgeschichte angemessen eingehen können. Wir haben den Künstler Matthias Duderstadt beauftragt …
Sie haben keine Stelltafeln aufgestellt?
Nein, eine Dokumentation, das war es aus unserers Sicht nicht: Wir suchten nach einer zündenden Idee. Und das war für uns dieses Bakelit-Telefons, so ein großes schwarzes, wie es auch hier eins gegeben haben muss. Das steht jetzt in der Mitte – und wenn man abhebt hört man die Aussagen der Täter – die in den Prozessen, die hier in Bremen relativ früh, schon 1946-47 stattfanden, relativ freimütig Auskunft gegeben haben.
Warum ein Telefon?
An dem ist hier in der Nacht vom 9. November 1938 der Befehl zu den Pogromen entgegengenommen und in den ganzen Norden weitergeleitet worden.
Die Installation trägt den Titel „Befehlengehorchentöten“. Klingt erratisch …
Gerade das ist es bestimmt nicht. Das ist keine Gedenktafel oder Mahnmal, das einen ratlos zurücklässt. Man muss sich da hinsetzen, das muss eingeschaltet werden: Wir sind hier ein offenes Haus, es kommen oft Schulklassen. An die richtet sich das ganz besonders. Ich finde, es wird bedrückend deutlich, dass die Täter ganz normale Leute waren, ein Bäckergeselle etwa oder ein Student. Das waren Freiwillige aus der ganzen Bevölkerung.
FRAGEN: BES
Vernissage mit Lesung, Forum Kirche, Hollerallee, 9. November, 12 Uhr
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