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Vom Möbelhändler zum Chefankläger

Der Argentinier Luis Moreno Ocampo wird erster Chefankläger des neuen Internationalen Strafgerichtshofs

Es ist noch gar nicht so lange her, da spielte Luis Moreno Ocampo im Fernsehen den Richter. In seiner Sendung „Forum“ traten wütende Nachbarn, zerstrittene Ehepaare und betrogene Geschäftspartner auf und zeigten sich gegenseitig an. Vor laufender Kamera fällte Moreno Ocampo in seiner Justizshow dann Urteile, gemäß dem argentinischen Gesetzbuch.

Doch die Gerichtsshow ist nicht das einzige Fernsehengagement des Anwalts und ehemaligen Staatsanwalts. Moreno Ocampo war der Erste, der in Argentinien mit einer versteckten Kamera korrupte Politiker und Manager in einer investigativen Sendung öffentlich überführte. „Es wurde immer gesagt, Korruption könne man nicht beweisen“, sagt er, „wir haben gezeigt, dass es doch geht.“

In seinem künftigen Job wird er wohl auf andere Ermittlungsmethoden zurückgreifen können, wenn er Ende April in New York formell zum ersten Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs ernannt wird. Moreno Ocampo wurde als Konsenskandidat der 89 Vertragsländer auserwählt und hat damit die Chefanklägerin des Jugoslawien-Kriegsverbrechertribunals, die Schweizerin Carla del Ponte, aus dem Rennen geworfen. Die Ernennung des Anklägers vervollständigt die Organe des neuen Gerichts, nachdem vor einigen Wochen bereits die Richter gewählt worden waren.

Ocampo, der sich sein Jurastudium mit einer kleinen Möbelwerkstatt verdiente, hat als Staatsanwalt in Argentinien Justizgeschichte geschrieben. Als junger Jurist – er war gerade 33 Jahre alt – wurde er 1984 zum Assistenten von Staatsanwalt Julio César Strassera, der die Generäle der argentinischen Militärdiktatur (1976–1983) vor Gericht stellte. Der Prozess gegen die Militärjunta war die erste juristische Abrechnung mit einer Diktatur in Lateinamerika. Schon ein Jahr später war Moreno Ocampo Ankläger des ehemaligen Polizeichefs von Buenos Aires, der während der Diktatur unzählige Oppositionelle hat foltern und ermorden lassen.

Von 1987 bis 1992 war Moreno Ocampo Generalstaatsanwalt der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. Er machte den Verantwortlichen für den verlorenen Falklandkrieg den Prozess, und er stand 1988 dem Verfahren gegen die rechten „Carapintadas“ vor, die im selben Jahr mit einem Putsch versucht hatten, die junge argentinische Demokratie zu zerstören.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst baute er mit einem Kollegen eine Anwaltskanzlei in Buenos Aires auf und widmete sich in den 90er-Jahren einem neuen Thema. Hatte er sich in den 80er-Jahren vor allem den Menschenrechten und dem Kampf gegen den Staatsterrorismus verschrieben, so untersuchte er fortan die Korruption im Staatsapparat. Moreno Ocampo gründete „Poder Ciudadano“, eine Organisation, die versucht, die öffentliche Verwaltung transparenter zu machen. Im Beirat von Transparency International entwirft er Mechanismen zur Korruptionsbekämpfung und berät zum selben Thema die Weltbank und die UNO.

International genießt Moreno Ocampo als Jurist einen exzellenten Ruf, derzeit ist er Gastpro-fessor an der Harvard University. Zu Hause musste er sich vergangenes Jahr aber auch harsche Kritik anhören, als er einen des Kindesmissbrauchs verdächtigen Priester als Anwalt verteidigte. INGO MALCHER

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