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Schröder hat noch einen Freund

Mit Klaus Uwe Benneter steigt ein Berliner Sozialdemokrat zum Generalsekretär auf. Qualifikation: Er hat das Vertrauen des Bundeskanzlers. Die Hauptstadt-SPD gratuliert – und wundert sich

VON ROBIN ALEXANDER

„Als ich diese SMS las, dachte ich, mir fällt das Handy aus der Hand“, erzählt ein prominenter Sozialdemokrat von dem Moment, in dem er erfuhr, was kurz darauf die ganze Stadt staunen machte: Klaus Uwe Benneter wird neuer Generalsekretär der SPD. Es ist die wohl überraschendste Personalie im an Überraschungen reichen SPD-Führungswechsel.

Offiziell begrüßen die Berliner Genossen natürlich die Beförderung des Abgeordneten aus Steglitz-Zehlendorf. Parteichef Peter Strieder etwa lobte den „großartigen Vorschlag“. Benneter sei die Vermittlung der notwendigen Reformen „jederzeit zuzutrauen, weil er in ganz besonderer Weise die sozialdemokratischen Grundwerte in den Mittelpunkt seines politischen Denkens und Handelns stellt.“

Unter der Hand artikulierten auch führende Genossen vor allem Unverständnis. Die Aufgabe eines Generalsekretärs sei, für Geschlossenheit zu sorgen. Hier habe man mit Benneter den Bock zum Gärtner gemacht. Dabei spielt die alte Geschichte, wie Benneter 1977 als Juso-Bundeschef abgelöst wurde, kaum eine Rolle. Die ist längst wahlweise als Jugendsünde oder Biografieschmuck verbucht. Seit seiner Rückkehr in die SPD hat sich Benneter oft gegen die Parteilinie gestellt. Zur Zeit der großen Koalition torpedierte der mit Witz gesegnete Anwalt öffentlich und gern die Sparbemühungen der SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing. Einige Sozialdemokraten fragten sich deshalb, ob Strieder ironisch sein wollte, als er gestern erklärte: „Aus seiner Zeit in der Landespolitik verfügt er über Erfahrung in der Umsetzung von Reformpolitik und Haushaltskonsolidierung.“ Keinen Spaß verstand der Regierende, als sich Benneter in der Frühphase der rot-roten Koalition gegen den Senat stellte. Der hatte beschlossen, das Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF) zum normalen Krankenhaus zu machen und so Millionen Euro zu sparen. Das UKBF liegt in Benneters Wahlkreis und Benneter scheute sich nicht, auch auf einem Parteitag offen gegen Wowereit Front zu machen.

Einen echten Dienst erwies Benneter seiner Partei mit der umsichtigen Leitung des Untersuchungsausschusses Bankgesellschaft. Er schaffte es, die involvierten SPD-Politiker zu schonen und doch ausreichend selbstkritisch zu wirken. Für seine Bundestagskandidatur 2002 setzte er hingegen nicht auf Opposition: im Gegenteil. Er entdeckte eine „alte Freundschaft“ zum Bundeskanzler. Der war ihm einst als Juso-Vorsitzender nachgefolgt und erinnerte sich an seinen alten Kumpel. Fortan ließ Benneter keine Gelegenheit aus, auf seine Nähe zum Kanzler hinzuweisen. Im Wahlkampf veranstaltete er eine Kinderbuchlesung mit Autorin und Kanzlergattin Doris Schröder-Köpf („Der Kanzler wohnt im Swimmingpool.“). Im bürgerlichen Steglitz-Zehlendorf weckte er erfolgreich die Vorstellung, es sei von Vorteil für den Bezirk, einen Abgeordneten zu wählen, der Zugang zur höchsten Stellen habe.

Danach vertrat Benneter nur noch die Kanzlerlinie: Als Vorsitzender des „Lügen-Ausschusses“ bog er den Nachweis ab, Hans Eichel habe im Wahlkampf wissentlich die Unwahrheit gesagt. Ob Hartz, Agenda 2010, Irak oder ein anderesThema: Benneter vertrat in der Fraktion und in der Öffentlichkeit stets die Meinung: „Gerds Politik ist richtig“. Nun kann er dies hauptberuflich tun. Darauf angesprochen, dass viele SPD-Bundespolitiker Benneter kaum kennen würden, antwortete der designierte Parteichef Franz Müntefering: „Die werden den kennen lernen.“

brennpunkt SEITE 3 und 4

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