: Lungengrippe so schlimm wie der Krieg
Das grassierende SARS trifft Südostasiens Wirtschaft, vor allem den Tourismus. Dabei leidet der schon unter Irakkrieg
BANGKOK taz ■ Die Inhaberin des kleinen Restaurants in Narathiwat ist betrübt: „Zurzeit kommen kaum noch Touristen hierher“, klagt die Muslimin Yaa. „Viele haben jetzt Angst zu reisen.“ Die Kleinstadt im Süden Thailands, sonst beliebte Durchgangsstation zu Malaysia, trifft das Fernbleiben ausländischer Gäste hart. Auch in Bangkoks Einkaufsmeilen, die an so belebten Knotenpunkten wie Siam Square oder Sukhumvit Road liegen, klagen die Verkäufer über drastische Umsatzrückgänge. Diese Einbrüche seien für die Händler schlimmer als der Schock nach dem 11. September, ergab eine Umfrage in der Bangkok Post.
Die Schreckensmeldungen über die Lungenkrankheit SARS und der Irakkrieg haben tiefe Spuren hinterlassen. Mittlerweile lässt sich nicht mehr auseinander halten, welcher Umstand nachhaltiger für die Einbrüche bei Wirtschaft und Tourismus sorgt. Thailands Finanzminister Suchart Jaovisidha jedenfalls befürchtet, SARS werde das wirtschaftliche Wachstum stärker bremsen als der blutige Irakkonflikt. Analysten gehen sogar davon aus, dass durch den Ausbruch der lebensgefährlichen Lungenentzündung und die Meldungen immer neuer Todesfälle die Volkswirtschaften Hongkongs, Singapurs und Taiwans bald in eine Rezession schlittern könnten.
In Hongkong meldeten die Hotels bereits Einbußen von durchschnittlich 50 bis teilweise 80 Prozent, in Singapur bis zu 30 Prozent. Teils haben Fluggesellschaften die Routen nach Hongkong und Südchina vorerst ganz aus dem Flugplan gestrichen.
Auch wenn die Lage in Thailand längst nicht so dramatisch ist, grassiert die Angst vor Ansteckung: Das Land werde vor allem dadurch getroffen, dass Reisende ihre Flüge in die Region generell stornierten, sagt Atchana Waiquamdee, Vorstandschefin der Abteilung für thailändische Binnenwirtschaft bei der Zentralbank. Hatten die Besucherzahlen in Thailand, verglichen mit dem Vorjahr, im Januar und Februar noch deutlich zugelegt, gingen sie spätestens mit dem Beginn des Irakkrieges und dem Ausbruch von SARS in den Keller – allein im März um zehn Prozent. Thailands Tourismusindustrie hat bereits errechnet, dass sie für dieses Jahr ein Minus von 30 Milliarden Baht einfahren wird – rund 650 Millionen Euro.
Für Indonesiens Ferieninsel Bali ist die Lage besonders fatal. Nach dem Terroranschlag vom vergangenen Oktober ist es der Touristikindustrie gerade erst wieder gelungen, die für das krisengeplagte Indonesien so lebenswichtige Branche neu zu beleben, da platzten die Nachrichten von Krieg und SARS dazwischen: Seit dem 21. März seien die Besucherzahlen um 38 Prozent gefallen, sagte I Gde Pitana, Chef der Tourismusbehörde auf Bali, gegenüber der Online-Ausgabe der Jakarta Post. Der Tourismussektor ist der zweitwichtigste Wirtschaftsfaktor in Indonesien. 2002 wurden allein in diesem Bereich 5,4 Milliarden US-Dollar umgesetzt. NICOLA GLASS
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