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christoph schultheisWas heißt hier „J“?

Kabel 1 musste seine Show „Judas-Game“ in „J-Game“ umbenennen – und nimmt’s mit Humor

Beschäftigen wir uns nicht (in Worten: nicht) mit den Hintergründen, warum das „Judas-Game“ auf Kabel1 nicht mehr „Judas-Game“ heißt. Wenn der Zentralrat der Juden in Deutschland einen solchen Titel „instinktlos“ findet, weil er antisemitische Ressentiments bediene, und die bayerische Landeszentrale für Medien dem Sender daraufhin den „Judas“ zwei Stunden vor Ausstrahlung der Debütfolge verboten hat, dann ist das zwar total bescheuert, aber ist nun mal so.

Reden wir auch nicht über die Show selbst, die, letzten Donnerstag gestartet, irgendwas mit Verrat und Geld zu tun hat und in ihren besten Momenten wirkte wie die Modellanordnung einer vielversprechenden TV-Idee, mit der irgendein Sender in Zukunft bestimmt noch verdammt viel Aufsehen erregt. Aber wie gesagt: Reden wir nicht davon. Und weil wir auch von der Einschaltquote lieber schweigen wollen, reden wir heute, bevor die Show um 20.15 Uhr in die zweite Runde geht, lieber kurz darüber, was allen denen entgangen ist, die letzten Donnerstag nicht zu den 860.000 Zuschauern zählten: wie da nämlich vor den Werbepausen vom einem vernuschelten „Jssngh-Gäim“ die Rede war und man sogar die „Judas“-Logos auf den Spielkärtchen der Kandidaten elektronisch vergrisselt hatte, derweil die Mitspieler sich dennoch alle Nase lang bezichtigten, „der Judas“ zu sein, und dergleichen. Das alles wirkte so zensiert irgendwie. Und aufschlussreich (zumal Kabel 1 auch Folge 2 und 3 in einer nachgebesserten Version ausstrahlt).

Immerhin hat sich der Sender inzwischen einen neuen Shownamen ausgedacht: „J-Game“ heißt das Verräter-Spiel jetzt in den Vorankündigungen, „Dschäi-Gäim“ sagt die Stimme aus dem Off dazu, wenngleich ohne Erklärung, wofür dieses „J“ denn steht: Mit dem chemischen Symbol für Jod hat es wohl ebenso wenig zu tun wie mit dem Länderkürzel für Japan oder mit der Einheit Joule – aber auch nicht mit dem früher menschenverachtenderweise in die deutschen Pässe gestempelten Kennbuchstaben für Jude. „Nehmen Sie es doch einfach als Abkürzung für Joy“, sagt Kabel-1-Sprecherin Petra Fink. Es klingt nach Galgenhumor, wenn sie das sagt – wenn man in diesem Zusammenhang überhaupt von Galgenhumor sprechen darf, ohne als „instinktlos“ zu gelten.

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