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DIE DEUTSCH-POLNISCHE FREUNDSCHAFT TRÄGT NICHT – ZUM SCHADEN DER EUGemeinschaft der Interessen reicht nicht

Einen Freund hat Polen in Europa nicht. Nachbar Deutschland ist nur Partner in einer Interessengemeinschaft. Frankreich macht mit Polen allenfalls gute Geschäfte, und England braucht es lediglich für machtpolitische Spiele. Für die Zukunft der EU wird das fatale Folgen haben. Die Regierung in Warschau hat den Konventsentwurf für die europäische Verfassung auch deshalb nicht unterschrieben, weil das Misstrauen gegenüber Deutschland zu stark geworden ist.

Warum die Anfang der 90er-Jahre oft beschworene deutsch-polnische Interessengemeinschaft nicht getragen hat, ist schwer zu beurteilen. Von einem Verhältnis, wie die Bundesrepublik und Frankreich es heute pflegen, ist auf jeden Fall keine Rede mehr. Vielleicht waren die Gräben zu tief? Vielleicht ließ die Politik der Vertriebenen dieses Ziel nicht zu? Vielleicht auch waren die Zwangsarbeiter und Kriegsopfer in Polen zu verbittert, da sie anders als die im Westen lebenden Opfer des Zweiten Weltkrieges nie eine Entschädigung aus Deutschland bekommen haben? Solange Deutschland und Polen ihre schwierige Vergangenheit nicht aufgearbeitet haben, wird es kein einiges Europa geben.

Paradoxerweise ist es die CDU, die mit ihrer Vertriebenenpolitik das politische Erbe Kanzler Helmut Kohls systematisch zerstört. Denn das in Berlin geplante „Zentrum gegen Vertreibungen“ wird in Polen ebenso wie die von der „Preußischen Treuhand“ angekündigten Sammelklagen der Vertriebenen als offene Drohung aus Deutschland verstanden. Dass die deutsche Unterstützung des EU-Beitritts vielen Polen nur mehr als zynische Heuchelei erscheint, braucht nicht zu verwundern. Statt sich auf den Beitritt zur EU zu freuen, listen die Polen fieberhaft Kriegsverluste aus dem Zweiten Weltkrieg auf.

Den Schlüssel zur Lösung dieses Konflikts hat die CDU/CSU in der Hand. Ihre Wahlklientel drängt mit ihren Klagedrohungen Polen in die Verteidigungshaltung. Leider erweckt die Union bislang nicht den Anschein, als besäße sie die Klugheit zur Beschwichtigung. GABRIELE LESSER

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