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Frieden in Elfenbeinküste vorbei

Nach Luftangriffen der Regierungstruppen ziehen sich die Rebellen aus der neuen Allparteienregierung zurück und drohen mit Marsch auf Abidjan. Kämpfe breiten sich aus

BERLIN taz ■ Der Friedensprozess in der Elfenbeinküste ist zusammengebrochen. Die Rebellen, die den Norden und Westen des Landes kontrollierten, erklärten ihren Rückzug aus der neuen Allparteienregierung, nachdem die Regierungsarmee von Präsident Laurent Gbagbo das westivorische Rebellengebiet angegriffen hatte. Gestern wurden Kämpfe auch im Osten gemeldet.

In der Elfenbeinküste herrscht seit September 2002 Bürgerkrieg; die Rebellenbewegung MPCI (Patriotische Bewegung der Elfenbeinküste) beherrscht die Nordhälfte des Landes, und kleinere Gruppen sind im Westen aktiv. Friedensverhandlungen im französischen Marcoussis endeten am 24. Januar mit der Einigung über eine Allparteienregierung, deren Zusammensetzung am 6. März in Ghanas Hauptstadt Accra geklärt wurde. Sie hat jedoch bisher ihre Arbeit nicht richtig aufnehmen können, vor allem weil die Rebellenvertreter im Kabinett sich erst seit Anfang April trauen, das Regierungsgebiet zu betreten. Gbagbo-treue Medien rufen derweil permanent zur militärischen Rückeroberung der Rebellengebiete auf.

Nach Scharmützeln im Westen des Landes – wo irreguläre Milizen aus Liberia aktiv sind – flogen am Dienstag Kampfhubschrauber der Regierung Luftangriffe auf die westliche Stadt Danané und umliegende Dörfer. Dabei starben zwischen 15 und 40 Menschen. Der Angriff erfolgte einen Tag, nachdem ein internationales Vermittlerkomitee, das die Einhaltung der Friedensabkommen überwacht, die Einmottung der ausschließlich von ausländischen Söldnern geflogenen Kampfhubschrauber gefordert hatte.

MPCI-Führer Guillaume Soro erklärte nach Luftangriffen eine Beteiligung der Rebellen an der Regierung als „ethnisch inakzeptabel“. Die offizielle Linie der Rebellen ist nun, dass man eigentlich wie vereinbart in Abidjan regieren will – aber notfalls müsse man bewaffnet einmarschieren. Denn zur letzten Kabinettssitzung am Mittwoch hatten bewaffnete „Patrioten“, radikale Anhänger Gbagbos, die Stadtautobahn in Abidjan besetzt, um eine mögliche Ankunft des MPCI-Führers Soro zu verhindern. „Egal wie: Wir müssen nach Abidjan“, sagte am Donnerstag MPCI-Führungsmitglied Louis Dakoury-Tabley, und die MPCI erklärte: „Wir haben uns entschieden vorzurücken.“ Das tun sie seitdem auch – an der Waffenstillstandslinie im Osten des Landes, die seit Monaten unter französischer Überwachung ruhig geblieben war.

„Zurück zum Nullpunkt: bereit zum totalen Krieg“, kommentierte gestern in Abidjan die Zeitung La Nouvelle Rélève. Das Verteidigungsministerium Frankreichs, das 3.000 Soldaten zur Überwachung des Waffenstillstands in der Elfenbeinküste stationiert hat, erklärte sich „besorgt“. DOMINIC JOHNSON

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