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Tierschützer empört über Covance-Urteil

Die Staatsanwaltschaft Münster hat Ermittlungen gegen das Tierlabor eingestellt. Tierschützer legen Beschwerde ein

Münster taz ■ Mit Entsetzen reagierten Tierschutzorganisationen auf den Beschluss der Staatsanwaltschaft Münster, ihre Ermittlungen gegen das Tierversuchslabor Covance einzustellen: „Auf dem Bildmaterial, das der Staatsanwaltschaft vorlag, sind eindeutige Straftatsbestände zu sehen“, sagt die Tierärztin Corina Gericke von „Menschen für Tierrechte“. Die Verstöße gegen das Tierschutzgesetz lägen auf der Hand: Den Affen seien erhebliche und langanhaltende Schmerzen zugefügt worden.Wenn Tierrechte derart missachtet würden, müsse man sich nicht wundern, so Kevin Kroemmer von ‚die tierbefreier‘, „wenn Menschen in Versuchslabore einbrechen und gequälte Tiere befreien.“ Beide Organisationen haben Beschwerde eingelegt.

Die heimlichen Aufnahmen des Journalisten Friedrich Mülln hatten nach ihrer Ausstrahlung in der ZDF-Sendung „Frontal 21“ im Dezember 2003 die Öffentlichkeit aufgerüttelt. NRW-Umweltschutzministerin Bärbel Höhn reagierte prompt: Mit der Stadt und der Bezirksregierung Münster leitete sie gegen Covance ein Verfahren ein, dass die Halterlaubnis für Primaten überprüfen sollte. Die sofortige Installation von Videoüberwachungskameras konnte von Covance vor dem Verwaltungsgericht abwenden. Diese Entscheidung führte zu einem wochenlangen Streit zwischen der Ministerin und der Stadt: Bärbel Höhn warf den Akteuren Halbherzigkeit vor. Sie hätten es nicht geschafft, eigene externe Gutachter für den Prozess zu finden.

Außerdem steht der Amtsveterinär Roland Otto unter dem Verdacht, jedweden Regelverstoß bei Covance zu kaschieren. Der grüne Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel aus Münster hat herausgefunden, dass Otto 1999 mit Covance auf der Luxus-Insel Mauritius auf Forschungsreise war: Auf dem Prüfstand standen Quarantäne-Zeiten. „Die Stadt hat die Fahrt bezahlt, damit keine falschen Eindrücke entstehen“, so der Pressesprecher Joachim Schiek. Sagel wundert sich, warum die Stadt dann diese Reise bisher verdeckt gehalten habe.

Auch das Landgericht Münster hatte vor zwei Wochen zu Gunsten von Covance geurteilt: Die Aufnahmen von Mülln dürfen in der Öffentlichkeit nicht mehr gezeigt werden. „Tierquälerei ist kein Privatrecht, höchstens ein Betriebsgeheimnis“, sagt dagegen der Hauptkommentator des Tierschutzgesetzes, Eisenhart von Loeper. Das Recht der Öffentlichkeit auf Aufklärung müsse über den privaten Interessen des Tierlabors stehen.

NATALIE WIESMANN

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