: Hirsche im Hamburger Wald
Er sieht so harmlos aus in seinem adretten Nikolaus-Rot, bietet aber einen leicht süffisanten Mix aus drögen, sachdienlichen und bekloppten Informationen: Der Hamburger Hummel-Abreißkalender für das nächste Jahr
VON PETRA SCHELLEN
Es gibt ja noch so mancherlei zu ergründen in dieser Welt. Da ist ein Kalender, da täglich konsultiert, nicht das schlechteste Medium, um eventuellen Wissenslücken abzuhelfen. Ein Hamburger Verlag hat sich deshalb für 2009 den handlichen „Hummel Kalender“ ausgedacht. Das ist ein Abreißkalender für jeden Tag, der einem auch jene Fakten mitteilt, derer man nie zuvor gedachte, die aber recht erfrischend sind.
Wussten Sie zum Beispiel, wo es in Hamburg ausgedehnte Bestände wilder Tulpen gibt? Und dass das insgesamt 67 Orte sind, der wichtigste davon unterhalb des Altonaer Balkons? Und selbst wenn einem dies noch geläufig sein sollte, verstummt man aber bestimmt, auf die Quantität der Hamburger Hirschbestände befragt. Das fängt schon damit an, dass man nie vermutet hätte, dass es die in Hamburg gibt, hatte man derlei Getier doch bislang im Wald verortet. Es geht damit weiter, dass man sich nie hätte träumen lassen, dass sich im Hamburger Stadtgebiet insgesamt 110 Rot- sowie 100 Damhirsche tummeln, die vermutlich mächtig röhren, bei Tag und bei Nacht.
Andererseits wollen wir uns hier nicht auf Albereien beschränken, die Welt ist schließlich kein Spaß. Besonders manchmal in der Hamburger Theaterszene nicht: Ungewollt brisant ist zum Beispiel jenes Kalenderblatt, das über den Jahresverdienst der Hamburger informiert. Gern erinnert man sich an den Skandal um das „Marat“-Stück am Schauspielhaus, in dessen Epilog das Jahreseinkommen der Hamburger Millionäre verlesen wurde. Einige der Betroffenen sowie die Kultursenatorin mochten das nicht.
Andererseits bietet der Kalender auch jene Sorte Informationen, die die einen als schnöde nutzlos betrachten, während sich andere regelrecht danach verzehren. Da hat zum Beispiel irgendwer die Namen sämtlicher Hamburger Leuchttürme aufgeschrieben. Eine Liste, mit der man anfangen kann, was man mag: sie in alphabetischer Folge bereisen, sie in eine selbst gezeichnete Hamburg-Karte eintragen, sie auswendig lernen – oder sich an ihrer Zahl freuen, die sich auf stolze 14 beläuft.
Und wo wir gerade bei Hanseatica sind: Auch als Lexikon für Zugereiste lässt sich das kleine rote Kalenderchen verwenden. Vom „Deckschrubber“ bis zum „Warftgrandi“ reicht die Palette der dort aufgeführten Worte – natürlich nur auszugsweise. Und vielleicht weiß auch mancher hier Geborene nicht mehr so genau, was ein „Halvenkilokieker“ ist. Auflösung im nächsten Heft.
Hummel Kalender Hamburg 2009; Hamburg, 14,50 Euro
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