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Got no money to invest

Tonträgervertrieb EFA hat Insolvenz angemeldet. Rechnungen wurden schon seit Monaten nicht mehr bezahlt. Labels warten auf Geld. Lager in Rothenburgsort mittlerweile versiegelt, Insolvenzverwalter hat nun das Sagen

Ende Februar hatten die Hamburger Mitarbeiter des Tonträgervertriebs EFA eine gute Idee: Sie wählten sich einen Betriebsrat. Schon am 1. März war ihnen klar, dass der viel Arbeit bekommen wird. Am selben Tag teilten Hort Lewald und Ulrich Vormehr, die Frankfurter Geschäftsführer der EFA Medien GmbH, den Beschäftigten in dürren Worten mit, dass die Firma tags darauf Insolvenz anmelden werde.

Die EFA, die laut Website zuletzt mit rund 170 Labels zusammenarbeitete, hatte in den Wochen zuvor noch mit diversen Investoren verhandelt, dem Vernehmen nach auch mit Alexander Lacher, der am Konkurrenz-vertrieb Groove Attack beteiligt ist und mit Piranha Medien die Zeitschrift Spex herausbringt. „Wir hätten 750.000 Euro gebraucht, um die Insolvenz abzuwenden“, heißt es aus dem Umfeld der EFA-Spitze in Frankfurt.

Am Freitag lief erstmals der Insolvenzverwalter Burghard Wegener in der EFA-Filiale am Billwerder Neuen Billdeich auf. Mit Kultur kennt sich der Mann immerhin ein bisschen aus, momentan verwaltet er auch die Insolvenz des Jungen Theaters Göttingen. Von Wegener erhoffen sich die 25 hiesigen Mitarbeiter sowie die Labels Antwort auf die Frage, ob die EFA sich nicht viel zu spät für zahlungsunfähig erklärte. Seine Labels hat der Vertrieb schon seit Monaten nicht bezahlt, abgesehen allenfalls von minimalen Raten. Zu seinen Gläubigern gehören das Diepholzer Presswerk Pallas sowie Zeitschriften, in denen die EFA Anzeigen schaltete, ohne die Rechnungen zu bezahlen.

Die Gründe für den Untergang der EFA, die sich Anfang der 80er Jahre unter dem Namen „Energie für alle“ formiert hatte, sind vielfältig. Langjährige Getreue werfen der Führung vor, dass sie – „mit dem Geld, das eigentlich den Labels zustand“, wie ein Ex-Mitarbeiter sagt – hauseigene Plattenfirmen aufbaute und damit ihren Geschäftspartnern Konkurenz machte. So versuchte der Indie-Vertrieb in der Champions League mitzumischen, indem er auf dem Inhouse-Label ESC drei Alben des ehemaligen James-Brown-Mitstreiters Maceo Parker veröffentlichte. Das Klima verschlechterte sich zuletzt zusehends, weil die Geschäftsführer Lewald und Vormehr „nicht sonderlich viel kommunizierten“, wie Peter James, Geschäftsführer des in Altona ansässigen Verbandes unabhängiger Tonträgerunternehmen, es vornehm ausdrückt. Zudem sickerte durch, dass die höchste individuelle Gläubigersumme eines Labels bei 190.000 Euro liegt.

Die Insolvenz trifft auch Hamburger Kleinfirmen, die bei der EFA im Vertrieb waren: Buback Tonträger (Jan Delay, Goldene Zitronen), die Elektronik-Labels Nonplace und Wonder, die Reggae-Label Moll-Selekta und Select Cuts sowie Fidel Bastro und Marina. Sie warten in der Regel auf fünfstellige Summen.

Ob überhaupt genug Masse vorhanden ist, um ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, steht dahin. Die Tonträger im EFA-Lager beispielsweise sind Kommissionsware, sie gehören den jeweiligen Firmen. Das ist für diese nur ein schwacher Trost: Das Lager in Rothenburgsort ist seit Mitte der Woche versiegelt. RENÉ MARTENS

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