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„Auf eigentliche Aufgaben besinnen“

Die Finanzkrise ist noch lange nicht durch, meint Ver.di-Bankexperte Jörg Reinbrecht. Für die kriselnden Landesbanken fordert er intelligente dezentrale Lösungen

JÖRG REINBRECHT, 51, ist Diplom-Ökonom und Bereichsleiter Banken und Versicherungen bei der Gewerkschaft Ver.di. Er sitzt im Aufsichtsrat der Allianz SE und der SEB AG.

taz: Herr Reinbrecht, vor einem Jahr ging die SachsenLB Pleite, heute muss die BayernLB radikal Personal abbauen. Ist die Finanzkrise in Deutschland vor allem eine Landesbanken-Krise?

Jörg Reinbrecht: Landesbanken sind von der Finanzmarktkrise nicht stärker betroffen als andere Banken. Auch die Hypo Real Estate und die Commerzbank brauchen Geld aus dem Bankenrettungsfonds.

Aber die Landesbanken streichen Stellen. Und zwar nicht nur die BayernLB.

Ja, auch bei der HSH Nordbank und der WestLB sind rund 2.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Es ist aber nur ein Teil der Landesbanken, der von der Finanzkrise so schwer getroffen ist. Das sind diejenigen, die kein überzeugendes Geschäftsmodell haben. Bei der WestLB gibt es schon länger Probleme.

Müssten diese Probleme nicht von den Eigentümern der Landesbanken gelöst werden, also den Ländern und Sparkassen?

Die Landesbanken sollten sich wieder auf ihre eigentlichen Aufgabe besinnen: Die Unterstützung der Sparkassen im engen Verbund, etwa bei großen Kunden. Wo das funktioniert, stehen auch die Landesbanken besser da.

Und die Industriepolitik?

Historisch sind die Landesbanken Banken ihrer Länder. Das haben die Regierungen teilweise aus politischen Gründen vergessen oder abgeschafft. Die Landesbanken sollten ihre strukturpolitischen Aufgaben wieder stärker wahrnehmen.

Braucht Deutschlands Volkswirtschaft also tatsächlich Landesbanken?

Als Ergänzung zu den regionalen Sparkassen sind sie notwendig. In einer Region wie Nordrhein-Westfalen, der siebtgrößten Volkswirtschaft in der EU, braucht man eine fitte Landesbank, um die Regionalpolitik zu stärken.

Reichen dafür nicht drei Landesbanken oder gar eine Zentralbank, wie es sich der Sparkassenverband vorstellt?

Eine zentrale Bank wäre keine Landesbank mehr und zu weit weg von den Fragen vor Ort. Sie könnte die genannten Aufgaben nicht erfüllen, und obendrein würden alle geschäftlichen Risiken dort gebündelt. Wenn dann etwas schiefläuft, hätte das erhebliche Rückwirkungen auf die Sparkassen. Diese haben die Finanzkrise aufgrund ihrer dezentralen Struktur gut verkraftet.

Es soll also bei sieben LB-Gruppen bleiben?

Ver.di hängt nicht an der Zahl Sieben; insbesondere für die WestLB muss eine zukunftsfähige Lösung gesucht werden. Aber es gibt auch intelligente dezentrale Lösungen. So tut die Bremer Landesbank seit Jahren viel für ihre Region. Sie ist eine Tochter der NordLB, aber doch eine eigenständige Anstalt öffentlichen Rechts, an der Bremen beteiligt ist. Es geht uns nicht um formale Strukturen, sondern um die Sicherung des regionalen Auftrags.

NEUE BELASTUNGEN

Auf die Landesbanken kommen weitere Verluste zu. Grund sind die Probleme der Wiener Immobiliengruppe Immofinanz. Diese hatte bei dubiosen Geldgeschäften ihres Exvorsitzenden mindestens 500 Millionen Euro verloren. Ihre Bankverbindlichkeiten betragen nun insgesamt 4,1 Milliarden Euro. Experten glauben, dass dazu noch Verluste aus bislang nicht erfolgten Abschreibungen auf Immobilien kommen. Sowohl die Landesbank Hessen-Thüringen, die Helaba, als auch die WestLB sind in Geschäfte mit der Wiener Gruppe verstrickt. Die Helaba soll einer der größten Einzelakteure sein. Bei der WestLB ist es ein Kredit über 415 Millionen Euro.

Wie viele Arbeitsplätze könnten die vom Sparkassenverband und dem Kabinett Merkel erstrebten Landesbanken-Fusionen kosten?

Von den 40.000 Jobs würden bis zu 15.000 verloren gehen und noch einmal die gleiche Zahl bei Wachdiensten, Reinigungsfirmen und Druckereien.

Zusätzlich zu dem angekündigten Personalabbau in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hamburg?

Wir erwarten, dass diese Banken nicht nur nach dem staatlichen Rettungsschirm schreien, sondern dass sie für die Beschäftigten auch selbst einen aufspannen. Konkret: Es darf keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Auch in anderen Banken wird es Personalabbau geben. Dort sind noch weit mehr Arbeitsplätze in Gefahr als bei den Landesbanken, allein bei der Commerzbank werden 6.500 Stellen abgebaut. Die Finanzkrise wird sich erst im nächsten Jahr richtig bemerkbar machen.

INTERVIEW: HERMANNUS PFEIFFER

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