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analyse: FDP im finanzlochPleite einer überflüssigen Partei

Die FDP steht in NRW nackt da. Sie hat kein Geld, keine Publicity, kein Zugpferd mehr. Den Liberalen drohen 5,8 Millionen Euro Strafe für eine illegale Wahlkampfspende ihres früheren Vorsitzenden Jürgen Möllemann. Der verstorbene Liberale soll im Bundestagswahlkampf 1998 eine 300.000 bis 350.000 Euro teure Sonderkampagne für seine Partei in NRW über seine Düsseldorfer Firma WebTec finanziert haben. Selbst im günstigsten Fall gehen Sonderprüfer der FDP davon aus, dass die Partei mit einer Gesamtstrafe von 1,4 Millionen Euro davonkommt. Eine stolze Summe, die der nordrhein-westfälische Landesverband alleine zahlen müsste.

Für eine liberale Stimmungsmache zur Europa- und Kommunalwahl in diesem Jahr sieht es deshalb düster aus. Die kleine FDP ist wie keine andere Partei darauf angewiesen, die medialen Scheinwerfer auf sich zu lenken – sie profitiert nicht vom Stimmungstief für die SPD, wie es CDU und Grüne gerade tun und seit dem Beginn der Debatte über Schwarz-Grün ist sie noch nicht einmal als Mehrheitsbeschafferin unabdingbar. Jetzt muss sie neu erfinden, wozu die BürgerInnen ihr Kreuz bei den Gelben machen sollten.

Dabei gibt es keine Themen, die die FDP für sich besetzen konnte. Ihr Lieblingsthema vergangener Jahre – freie Straßen für freie Bürger – interessiert niemanden, der unter den Hartz-Reformen oder Arbeitslosigkeit leidet oder Studiengebühren zahlen muss. Und die Frage nach den bankrotten Städten und Kindergartenplätzen kann die FDP auch nicht beantworten. In früheren Zeiten hat die Partei immer auf den Spaßfaktor gesetzt, auf das Guidomobil und BigBrother-Container. Die vergangenen Urnengänge zeigen allerdings, dass die FDP dabei nur mit teurer und aufwändiger PR erfolgreich ist. Ein Gebiet, auf das Möllemann spezialisiert war. Mit allzeitiger Interviewbereitschaft, Fallschirmsprüngen und Eskapaden am rechten Rand machte er die Partei bekannt – schwer vorstellbar, dass der neue FDP-Landesvorsitzende Andreas Pinkwart ähnlich spektakuläre Aktionen durchführt, er fährt lieber mit dem Rad durchs Land. Das ist vielleicht sympathischer, aber die Grüne Bärbel Höhn macht das überzeugender.

Bisher konnte die FDP die kriminellen Spenden auf ihren toten Mäzen schieben. Dass der Finanzkollaps erst jetzt im Wahljahr erfolgt, ist ihre eigene Schuld. Zu lange hat sie die Auflärung der Möllemann-Vergangenheit hinausgezögert.

ANNIKA JOERES

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