: Unabkömmlich für den Dialog
Sozialbehörde verbietet in letzter Minute Delegation der Jugendhilfe Dienstreise zum Erfahrungsaustausch mit israelischen Fachleuten. Teilnehmer: „Politischer Skandal“
Die Delegation der Jugendhilfe aus der Behörde für Soziales und Familie (BSF) war am Flughafen schon beim Einchecken, als plötzlich die BSF-Referatsleiterin erschien. Ihre Botschaft um 5.40 Uhr am Sonntagmorgen: Dem Delegationsleiter Jürgen Tormählen sowie dem Abteilungsleiter des Landesjugendamtes, Herbert Wiedermann, sind vom BSF-Staatsrat Klaus Meister (SPD) die Dienstreisen nicht genehmigt worden.
Damit war der gepante Fachaustausch in Israel zum Ausbau der deutsch-israelischen Beziehungen geplatzt. Dabei war ein umfangreiches Programm von Thormählen vorbereitet worden. Treffen mit Fachleuten und MitarbeiterInnen von Fachbehörden, Vorträge, Besichtigungen und Gesprächsrunden mit Jugendlichen. „Derartige offizelle Austauschreisen hat es schon öfter gegeben, sie haben nur in den vorigen Jahren wegen der politischen Situation nicht stattgefunden“, berichtet eine Teilnehmerin. „In diesem Jahr wollten wir gerade wegen der politischen Situation die Reise antreten.“
Die ErzieherInnen sind über das Verbot empört. Denn über eine lang vorbereitete Dienstreise entscheidet die Behörde normalerweise nicht in der Nacht vor dem Abflug – und schon gar nicht am Wochenende. In einem Brief an Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) – der auch Bürgermeister Ole von Beust sowie der Koordinatorin des Dialog-Instituts in Israel, Hannah Tidhar, zugeleitet worden ist – bezeichnen sie das Vorgehen als „politischen Skandal“ und als „Affront gegenüber den israelischen Partnern“.
„Die verbliebenen sechs TeilnehmerInnen hatten exakt 10 Minuten Zeit, sich (...) über die Sinnhaftigkeit des Fachaustausches ohne offizielle Vertretung klar zu werden“, schreiben sie. Es blieb keine Wahl, „da die Koordination austauschrelevanter Themen sowie die intensive Kooperation mit den unterschiedlichen israelischen und palästinensischen Gesprächspartnern in Israel nicht mehr gewährleistet werden konnte“. Das Verbot widerspreche einer Vereinbarung des Ersten Bürgermeisters mit dem israelischen Botschafter in Deutschland.
BSF-Sprecher Oliver Kleßmann „bedauert“ die Entwicklung: „Die Mitarbeiter wurden hier vor Ort gebraucht, die Sinnhaftigkeit des deutsch-israelischen Austausches wird nicht in Frage gestellt.“ KAI VON APPEN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen