zahl der woche: Kabeljau wird gefangen, aber nicht gegessen
Seit Jahren schlagen Meeresbiologen Alarm, dass der Kabeljau in Nord- und Ostsee akut in seinem Bestand bedroht ist. Trotzdem werfen dänische Fischer derzeit große Mengen gefangenen Kabeljau zurück in die Nordsee. Denn weil ihre Fangquote für diesen Fisch schon voll ist, fischen sie andere Arten. Der gleichzeitig ins Netz gehende Kabeljau ist dann Beifang. Das dänische Fischereiministerium schätzt, dass dadurch jeder dritte gefangene Speisefisch nicht auf Tellern landet, sondern wieder zurück ins Meer geworfen wird. Davon wiederum sind 70 Prozent tot.
Ein Drittel gilt auch bei der Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen, FAO, als Richtwert für die weltweite „Rückwurf“-Rate. „Eine wahnwitzige Verschwendung, die wir uns wahrlich nicht mehr leisten können“, urteilt die dänische Landwirtschaftsministerin Marianne Fischer Boel. Seien es früher vor allem zu kleine oder aus Sicht der Nahrungsmittelindustrie minderwertige Fische gewesen, die ins Meer zurückwanderten, so habe jetzt immer mehr die Quotenpolitik der Europäischen Union (EU) schuld. Gerade die Bemühungen, die Quoten besser zu überwachen, hätten dazu geführt, dass unerwünschter oder unrentabler Fisch vor der Anlandung zurück ins Meer geworfen wird. Angesichts der jetzigen Bestimmungen in der EU hätten die Fischer deshalb eigentlich keine andere Möglichkeit, als die „falschen“ Fischsorten zurück ins Meer zu werfen. Auch wenn sie schon tot oder sterbend seien. Ansonsten müssten sie mit Strafen wegen Quotenüberschreitung rechnen.
Doch könnte diese Verschwendung begrenzt werden. So hat Norwegen, nicht Mitglied der EU, schon vor einigen Jahren das Zurückwerfen von gefangenen Fischen verboten. Unbeabsichtigter Beifang ist in gewissen Mengen erlaubt, muss aber der Fangbehörde sofort gemeldet werden. Droht dieser Beifang die Quoten zu überschreiten, kann ein Fangstopp verhängt werden. So hat sich der Beifang von norwegischen Schiffen auf etwa sieben Prozent reduziert.
Dänemark schlägt nun vor, das EU-Quotensystem durch flexible Maßnahmen zu ergänzen. Man könnte etwa durch genauere Überwachung mittels Sonar- und Echolot rechtzeitig feststellen, wenn sich in bestimmten Meeresgebieten entweder große Mengen von Jungfischen oder von Fischarten aufhalten, deren Fangquoten bereits voll sind. Für diese Gebiete könnte dann für eine bestimmte Zeit ein vollständiger Fangstopp verhängt werden.
Andere Fangnetze und -technik sowie Zonen, in denen die Fischerei komplett verboten ist, fordern Umweltverbände schon lange. Auch will Kopenhagen innerhalb der EU das Modell der Färöer-Inseln zur Debatte stellen: Dort darf jedes Fischereiboot nur an vorher genau festgelegten Tagen oder zu bestimmten Zeiten fischen. REINHARD WOLFF
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