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Putin planmäßig wiedergewählt

Russlands Präsident Wladimir Putin kann mit dem Wahlergebnis zufrieden sein. Zwar lag die Beteiligung unter den Vorgaben des Kreml, aber deutlich über den benötigten 50 Prozent. OSZE-Wahlbeobachter kritisieren Ablauf als undemokratisch

AUS MOSKAUKLAUS-HELGE DONATH

Im Vergleich mit Turkmenistans Präsident Sapamurat Nijasow, auch Turkmenbaschi – Vater aller Turkmenen – genannt, wird Wladimir Putin von seinem Volk nicht richtig geliebt. Nijasow brachte es bei den letzten Wahlen auf 99,5 Prozent. Kremlchef Putin musste indes mit 71 Prozent vorlieb nehmen. Nur aus der kaukasischen Teilrepublik Inguschetien, wo der Kreml vor zwei Jahren einen hörigen Geheimdienstgenossen als Präsidenten platzierte, wurde mit 97 Prozent eine ähnlich innige Zuneigung zu Putin wie in Aschchabad zu Nijasow gemessen.

Im Landesschnitt blieb indes für die anderen fünf Präsidentschaftskandidaten kaum noch etwas übrig. Immerhin erzielte der Bewerber der Kommunisten Nikolai Charitonow mit 13,7 Prozent einen Achtungserfolg, der ihm in der eigenen Partei nutzen wird. Mit 4,1 Prozent weit abgeschlagen folgte der Linksnationalist Sergej Glasjew. Irina Chakamada, Kandidatin all jener, die sich vom Projekt Demokratie noch nicht ganz verabschiedet haben, erhielt immerhin noch 3,9 Prozent. Ihr folgte dicht das Kreuz bei „Gegen alle Kandidaten“ mit 3,5 Prozent.

Die Wahlen waren eine Farce. Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ließen daran gestern in Moskau keinen Zweifel. Die Wahlen hätten in vielerlei Hinsicht nicht demokratischen Standards genügt. Bereits die Dumawahlen im Dezember waren von der OSZE als in „keiner Weise fair“ so offen wie nie zuvor gebrandmarkt worden.

Rüffel internationaler Organisationen, die sich auf europäische Standards oder gar universelle Menschenrechte berufen, hinterlassen in Moskau keinen nachhaltigen Eindruck mehr. Man lacht darüber, zumindest hinter der Bühne. Eine Ahnung davon vermittelte Putin noch in der Wahlnacht. Auf die Frage der BBC, wie er zur Kritik von US-Außenminister Colin Powell an den restriktiven Methoden der Wahlen stünde, verwandelte sich Putins Miene in die eines Pitbulls vor dem Angriff. Der zum Glauben bekehrte Exgeheimdienstmann fing sich indes wieder und antwortete im Rückgriff auf Matthäus 7, 3-5: „Den Balken im eigenen Auge nicht sehen, aber den Splitter im fremden.“

Russland hat fast so gewählt, wie es der Kreml im Vorfeld als Direktive ausgegeben hatte. Mindestens 70 Prozent sollten für den Amtsinhaber herausspringen. Das Ergebnis wurde erzielt. Nur bei der Wahlbeteiligung mit 64,3 Prozent wurde das Plansoll von 70 Prozent nicht erfüllt. Damit gelang es nicht, den Urnengang in ein Plebiszit für den – unbestritten beliebten – Präsidenten zu verwandeln. Dazu wären die Stimmen der Hälfte aller 108 Millionen Wahlberechtigten erforderlich gewesen. Von ihnen stimmten aber nur 40 Prozent für Putin. Zieht man davon noch einmal jene Prozent ab, die nur durch den Druck der Verwaltungen zustande kamen, kann sich der Kremlchef gleichwohl immer noch auf den Rückhalt eines Drittels der Bürger berufen.

Aus Angst, die Wahlbeteiligung würde unter den verfassungsrechtlich notwendigen 50 Prozent bleiben, hatten die Wahlmanager nach sowjetischem Vorbild alle Register gezogen. An Jungwähler verteilte man Eintrittskarten für Festivals, in den Dörfern wetteiferten Beamte um das „schönste Wahllokal“. In Jaroslawl wählten die Bürger nicht nur den Präsidenten, sondern auch den besten Konditor aller Wahllokale. Im Moskauer Bezirk Gagarin, berichtete eine Wählerin im Sender „Echo Moskau“, lockten besorgte Administratoren Frauen mit internationalen Markenstrümpfen zu Schleuderpreisen an die Urnen.

In den nächsten Tagen wird der Kreml die Ergebnisse genauer analysieren. Regionalchefs, die nicht genug Bürger motivierten, droht jetzt Entlassung. Auch daraus machte der Kreml schließlich keinen Hehl. Jeder wusste, was auf ihn zukommt. Nur der Bürger eben nicht, der einen Präsidenten wiederwählte, der sich ohne programmatische Aussage, geschweige denn ein Programm empfahl. Noch ist Putin aber kein „Rusmenbaschi“. Dazu fehlen noch 28 Prozent.

meinung und diskussion SEITE 11

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