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„Das Kita-Thema ist angekommen“

CDU versichert, Krippenplätze werden nicht abgebaut. Auch für Kinder unter drei Jahren von Berufstätigen soll mit Hilfe der Tagespflege Betreuung garantiert werden. Interview mit Marcus Weinberg, Kita-Fachsprecher der CDU-Fraktion

von KAIJA KUTTER

taz: Was sagen Sie zu der Aussage von Bürgermeister Ole von Beust, es werde in diesem Jahr einen Rechtsanspruch für Berufstätige bis in den Krippenbereich geben?

Marcus Weinberg: Das höre ich natürlich gern. Es ist in der Partei angekommen, dass Kita ein wichtiges Thema ist. Wir erreichen ja schon viel, wenn wir jetzt allen berufstätigen Eltern einen Hort- und Elementarplatz garantieren. Für Kinder im Krippenalter wird es wohl in 2004 keine Platzgarantie, sondern eine Betreuungsgarantie geben. Das heißt, einige Eltern bekommen alternativ eine Betreuung bei Tagesmüttern angeboten.

Hamburg hatte aber mit 5.000 Plätzen einen sehr guten Versorgungsgrad von 20 Prozent. Im Februar sagte die CDU-Fraktion, dabei solle es bleiben. Gilt das noch?

Weinberg: Ja. Es ist Position von CDU-Fraktion, Partei und Bürgermeister, dass es keinen Abbau von Krippenplätzen geben darf. Es wird nur finanziell und auch technisch nicht möglich sein, ab sofort den ganzen Bedarf über Krippen abzudecken.

Wieso steht dann im Regierungsprogramm, dass für Krippenkinder alternativ Tagesmütter bereitstehen sollen?

Das ist nicht als Ersatz für Krippe, sondern additiv gedacht.

Warum sollte der Versorgungsgrad gehalten werden? Bieten nicht angeblich die Tagesmütter mehr Nestwärme?

Da ist der Bürgermeister missverstanden worden. Viele Eltern wollen ihre Kinder aus guten Gründen in einer Krippe betreut haben. Es ist CDU-Position, dass Eltern die Wahl haben sollen zwischen Selbsterziehen, Tagesmutter oder Krippe. Mit einem Platzabbau ginge aber auch eine Struktur bei den Trägern kaputt, die teuer wieder aufgebaut werden müsste. Auch die Träger brauchen Sicherheit.

Wann wird es denn wieder Krippengutscheine geben?

Unverzüglich. Das ist das erste, was wir mit Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram klären werden. Schließlich verlassen Tag für Tag Kinder die Krippe.

Wann dürfen wir nachfragen?

Noch im April sollte ich wissen, wann und wie viele Gutscheine bewilligt werden.

Nur für Geschwisterkinder?

Nein. derzeit sind etwa 700 Plätze unbesetzt. Wenn der Versorgungsgrad gehalten werden soll, heißt das, dass wir 700 bis 1.000 Plätze neu bewilligen müssten.

Dazu braucht die Senatorin Geld.

Das müsste die Lenkungsgruppe sagen, deren Ergebnisse ich nicht kenne.

Was wird mit den Kindern nicht-berufstätiger Eltern? Das ist ja auch nicht optimal geregelt.

Stimmt. Gerade beim sozialen Bedarf muss nachgesteuert werden. Wenn Berufstätige komplett versorgt werden, darf das nicht dazu führen, dass diese Kinder keinen Platz bekommen.

Ex-Bildungssenator Lange dachte ja, Sozialhilfeempfänger könnten selber auf ihre Kinder aufpassen.

Das war der falsche Ansatz. Kinder brauchen Nestwärme, aber diese Wärme gibt die Gesellschaft in vielen Teilen nicht mehr her. Ich arbeite als Lehrer in Wilhelmsburg. Da brauchen wir einfach eine gute Kita, die sozialkompensatorisch wirkt.

Auch dort droht Abbau. Wie retten Sie diese Kitas nun?

Es gibt zwei Modelle. Entweder wir erweitern die sehr engen Prioritäten 1 und 3, sozialer Bedarf und Sprachförderung. Es könnten aber auch Kita-Leitungen die Möglichkeit erhalten, mehr Förderung zu beantragen.

Auch das muss schnell gehen, die Kinder erhalten jetzt zu wenig Förderung.

Ich bin in dieser Frage nach dem Wechsel des Kita-Bereichs in die Sozialbehörde recht optimistisch. Dort haben wir gute Leute, die die sozialen Bedarfe sehen. Und es ist gut, dass es einen Neuanfang gibt, nach all den Problemen.

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