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„Mutter aller Bomben“ vorm Dom

Ein Künstler erinnert vor dem Kölner Dom an den Beginn des Irak-Kriegs vor einem Jahr. Nur rund 100 Friedensaktivisten kommen zu der Kundgebung mit Reden und Musik

KÖLN taz ■ Als am 20. März 2003 die ersten Bomben auf den Irak fielen, protestierten in Köln tausende Menschen gegen den Krieg der USA und deren Alliierten. Genau ein Jahr später, am vergangenen Samstag, waren es – so die Polizei – knapp 100, die sich friedlich auf dem Roncalliplatz zu einer Friedenskundgebung zusammen fanden. Der Anlass: Wie vor einem Jahr sterben, obwohl US-Präsident George W. Bush den Krieg offiziell für beendet erklärt hat, nach wie vor täglich Zivilisten und Soldaten durch Attentate und Militäraktionen.

Aufgerufen zu dem Protest vor dem Römisch-Germanischen Museum hatten Attac, das Aktionsbündnis gegen Krieg und Rassismus, das Kölner Friedensforum, PDS und der türkisch-deutsche Menschenrechtsverein Tüday. „Das Irakische Volk liegt am Boden“, mahnte Magid Alkhatib von der irakischen Friedensinitiative in seiner Rede. Die Besatzung müsse beendet werden, das Volk verlange nach „Frieden, Ruhe, Freiheit und Brot“. Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung bezeichnete die Besatzung als Verbrechen und forderte den sofortigen Rückzug aller ausländischen Truppen. Es habe sich herausgestellt, dass es im Irak keine Massenvernichtungswaffen gebe, das Argument der Friedensbewegung sei inzwischen also Allgemeingut. Über den Weg der UNO müsse die Souveränität an eine gewählte irakische Regierung übergehen. „Die Deutsche Regierung hat gegen Krieg geredet und alles dafür getan, dass er läuft“, verkündete Pflüger. Er rief zu einem Boykott der EU-Konzerne auf, die vom Krieg profitieren, nannte Siemens als Beispiel und verwies auf den Zusammenhang zwischen Aufrüstung und Sozialabbau, die „zwei Seiten einer Medaille“ seien.

Thies Gleiss von den Gewerkschaftern mit BISS forderte abschließend, es müsse verhindert werden, dass Deutschland eine neue Rolle in der internationalen Kriegspolitik spielt: „Wir müssen den Druck der Straße erzeugen, um diese Regierung abzuwählen.“ Musikalisch umrahmt wurden die Redebeiträge von den „Magic Street Voices“ und Rolli Brings.

Einen satirisch-bitteren Protest gegen den „US-Imperialismus“ hatte sich der in Aachen lebende irakische Künstler Mohammed Ahmed ausgedacht und vor dem Dom die „Mutter aller Bomben“ aufgebaut: 900 Cola-Dosen, aufgetürmt zu einer drei Meter hohen Plastik in Form einer Bombe. Jede Dose stand für einen im Krieg verstorbenen Menschen. Gleichzeitig waren die gelb bemalten Dosen eine Anspielung auf die im Krieg verwendeten Streubomben.

Oliver Minck

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