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berliner szenen Der erste Nackte

Am Ufer der Dahme

Der Berliner ist ja traditionell gern früh dran. Als in der letzten Woche die Temperaturen auf die 20 Grad zurasten, wurden Jacken, Hemden und lange Hosen ausgezogen – nur die Flipflops, meine Hassschuhe des letzten Sommers, blieben im Schrank. Um den schönen Körpern einen Kontrast entgegenzusetzen, fuhr ich mit dem Rad Richtung Ostteil. Auf der Kiefholzstraße immer geradeaus verlässt man Treptow, kreuzt den Segelfliegerdamm und passiert eine Reihe völlig kaputter leerer Industriebauten. Am Rand des alten Flugplatzes Johannisthal stehen sogar noch zwei gut erhaltene Original-Betongrenzwachtürme – obwohl hier, glaube ich, nie die Mauer stand. Dann kommt das superhässliche Adlershof, und man denkt an das lustige Duell Schröder gegen Stoiber vor der letzten Wahl. Noch immer scheint die Sonne. Also fährt man Richtung Grünau. Mit der kleinen BVG-Fähre lässt sich eine Seefahrt mit Blick auf die alte Olympiaregattastrecke simulieren. Auf der Anzeigentafel leuchtet eine der größten Uhren der Stadt. Die Fähre muss nicht vertäut werden. In der DDR wurde gern rationalisiert, und so sparte man den zweiten Mann durch einen dicken Magneten ein, der das Schiff am Stahlsteg festklebt.

Jetzt geht es immer am Ufer der Dahme entlang. Beim leer stehenden Restaurant Schmetterlingshorst werden schon Grillwürste verkauft. Die nächste alte Ausflugsgaststätte, in den Neunzigern aufgefallen durch regelmäßige Vatertagsschlägereien, wurde leider vor Jahren abgefackelt. Ein Stück weiter ist ein kleiner Strand. Und hier steht er nun glücklich lächelnd im noch recht kühlen Wind: der erste Nackte des Jahres. Nur mit einem gelben Basecap bekleidet ruft er Fußgängern zu: „Wat kiekt ihr, is Frühling!“ ANDREAS BECKER

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