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Neue Warnungen vor Anschlägen

Botschaften in Saudi-Arabien reagieren auf Berichte über geplante Selbstmordattentate

KAIRO taz ■ Nach den neuesten Terrorwarnungen aus Saudi-Arabien nur kein Risiko eingehen, lautet das Motto der deutschen Diplomatie. Sowohl in der saudischen Hauptstadt Riad als auch in der zweitgrößten Stadt Dschidda wurden gestern die deutschen Konsularabteilungen für den Publikumsverkehr geschlossen. Die Maßnahme, die nur für wenige Tage gelten soll, erfolgte „auf Grund von eigenen Erkenntnissen“, betonte ein Sprecher des Außenministeriums in Berlin, wohl auch, um nicht den Anschein zu erwecken, man unternehme das Ganze nur im amerikanischen und britischen Fahrwasser. Die Botschaften dieser Länder hatten nämlich gestern in Riad ganz dichtgemacht.

Vor einer guten Woche kamen bei Selbstmordanschlägen in Riad 34 Menschen ums Leben, 200 wurden verletzt. Seitdem liegen die Nerven der im Königreich lebenden westlichen Ausländer blank, zumal Prinz Bandar Bin Sultan, der saudische Botschafter in Washington, vor drei Tagen vor Journalisten erklärt hatte, dass er das Gefühl habe, etwas „Großes“ könne in Saudi-Arabien oder in den USA geschehen. Man habe Gespräche aufgefangen, aus denen hervorginge, dass weitere Selbstmordanschläge bevorstünden. „Ich habe volles Vertrauen, dass wir sie am Ende erwischen werden, die Frage ist nur, ob dass noch rechzeitig geschehen wird“, sagte er gegenüber den verblüfften Reportern.

Bislang haben die saudischen Behörden drei der neun Attentäter vom 12. Mai durch DNA-Analysen identifiziert. Nach saudischen Angaben sollen am Montag vier Männer verhaftet worden sein, tags drauf noch einmal zwei Marokkaner. Leute, so Prinz Bandar, „die nicht direkt an der Operation beteiligt waren, aber im Voraus Kenntnisse davon besaßen“. Als einen der angeblichen Hintermänner nannte er den 40-jährigen Ägypter Seif al-Adel, der sich im Iran aufhalten soll. Ein Vorwurf, der dazu geführt hat, dass die USA ihre Gespräche mit der iranischen Regierung auf „unbestimmte Zeit“ unterbrochen haben.

Fraglich bleibt, warum Prinz Bandar so freimütig in der Öffentlichkeit über bevorstehende Anschläge plauderte. Es wird spekuliert, dass er damit seinem schwindenden Einfluss in Washington entgegensteuern wollte. Sein Fingerzeig auf den Iran kommt auch ganz im Sinne der amerikanischen Hardliner, die den Iran als Teil der „Achse des Bösen“ ansehen. Möglicherweise waren die Aussagen Prinz Bandars auch ein Teil des Linienstreits in der saudischen Königsfamilie. Bandar hat damit ein wenig gegenüber dem saudischen Kronprinz Abdullah gepunktet, der sich seit langem für eine Annäherung an den Iran einsetzt. Der saudische Innenminister Prinz Naif hat übrigens bereits zurückgewiesen, dass es zwischen den Attentaten und dem Iran Verbindungen gebe.

Den Ausländern in Saudi-Arabien helfen diese Spekulationen wenig. So verwirrend die Lage ist, so konfus sind die Sicherheitsmitteilungen ihrer Botschaften. Auf der Webseite der deutschen Botschaft findet sich im Hinblick auf die letzten Anschläge, bei denen keine Deutschen zu Schaden gekommen waren, ein klassisches Beispiel: „Terroristische Anschläge dieser Art implizieren ein Risiko, das durch individuelles Vorsorgeverhalten praktisch nicht reduzierbar ist. Dennoch wird empfohlen, die in der Vergangenheit wiederholt übermittelten Sicherheitshinweise weiter sorgfältig zu befolgen, um das Risiko anderer Anschlagstypen nach Möglichkeit zu minimieren.“ Am Ende bewertet sich die Mitteilung gar selbst mit dem Satz: „Es ist offensichtlich, dass dies leider keine besonders befriedigende Mitteilung ist.“

KARIM EL-GAWHARY

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