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„Wir setzen keine Ultimaten“

Im taz-Gespräch nimmt Asklepios-Geschäftsführer Elmar Willebrand Stellung zu der geplanten Übernahme des Landesbetriebs Krankenhäuser. Auch eine Minderheitsübernahme ist kein Tabu, Haustarife sollen die Entlohnung nach BAT ablösen

Interview: Marco Carini

taz: Herr Willebrand, gehen Sie nach dem Volksentscheid noch davon aus, dass Asklepios den Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) übernimmt?

Elmar Willebrand: Unser Angebot kann immer noch Grundlage einer Übernahme werden.

Sie wollen sich also über den Volksentscheid hinwegsetzen?

Das ist eine ausschließlich politische Frage, die nicht ich zu entscheiden habe. Ich glaube aber, dass die Abstimmung nicht eine objektive und faire Bewertung aller Aspekte widerspiegelt. Da war viel Emotion im Spiel.

Sie haben betont, Sie seien bereit, auch über andere Übernahmemodalitäten zu verhandeln.

Ich warte ab, ob und welche Änderungen der Senat uns vorschlagen wird. Danach muss gemeinsam beurteilt werden, inwieweit die ursprünglichen Privatisierungsziele immer noch erreicht werden können.

Ist auch eine Minderheitsbeteiligung am LBK ein Thema?

Auch dafür gilt das zuvor Gesagte.

Volksentscheid und Regierungsneubildung haben den Verkauf nachhaltig verzögert – wann reißt Ihr Geduldsfaden?

Wir setzen keine Ultimaten. Der Bürgermeister hat für Juni einen neuen Vorschlag angekündigt – ein akzeptabler Zeitpunkt.

Die Übernahme nur einiger LBK-Kliniken, die Ole von Beust ins Gespräch gebracht hat, dürfte in Ihrem Interesse liegen. Die schlechten ins Kröpfchen, die guten in Töpfchen?

Nein! So war das sicher nicht gemeint. Wir haben uns im Übrigen noch nie die Rosinen rausgepickt, sondern stets auch unbequeme Bereiche, wie Abteilungen mit schweren neurologischen Fällen, weiter ausgebaut.

Es muss aber doch in Ihrem Interesse liegen, unrentable Bereiche abzustoßen.

Ein Krankenhaus, das Akzeptanz in der Bevölkerung finden will, muss alles anbieten. Es ist undenkbar, einen Patienten wegzuschicken mit den Worten: „Sorry, wir können sie nicht kostendeckend behandeln.“

Was muss sich im LBK für schwarze Zahlen ändern?

Das zentrale Stichwort heißt Erhalt und weiterer Ausbau von Leistungsangeboten. Konzepte dafür haben wir vorgelegt.

Zuerst einmal aber müssen Sie eine Bettenüberkapazität von rund 15 Prozent abbauen.

Leistungen ausbauen heißt nicht mehr Betten. Wir wollen das Angebot qualitativ weiter verbessern.

Die Gewerkschaften befürchten, das Profitinteresse eines privaten Betreibers werde auf dem Rücken der Patienten und des Personals ausgetragen.

Wir haben in unseren Kliniken nachweislich durch erhebliche Investitionen die medizinischen Angebote nachhaltig verbessert. Die Ergebnisse von Qualitätsumfragen unter den Patienten und unseren 20.000 Mitarbeitern bestätigen uns als attraktiven und fairen Arbeitgeber.

Ver.di befürchtet eine Zweiklassenmedizin: Patienten, an denen man verdienen kann, sind willkommen, andere weniger.

Das ist Quatsch. Bei uns wird jedermann behandelt: Vom Sozialhilfeempfänger bis zum Fabrikdirektor. Wir leben von den Patienten und haben es in all unseren Kliniken geschafft, durch bessere Leistungen die Akzeptanz deutlich zu erhöhen.

Auffällig ist, dass Ihre Bediensteten sehr unterschiedliche Löhne erhalten: Vor allem im Osten und dort, wo sie Monopole haben, wird bis zu 900 Euro weniger bezahlt als an anderen Standorten.

Unterschiedliche Standorte erfordern und rechtfertigen unterschiedliche Entlohnung. Entscheidend ist, dass Mitarbeiter für gleiche Arbeit die gleiche Kaufkraft erhalten. Im Umfeld einer Klinik an der tschechischen Grenze kostet eine Unterkunft weniger als in Wiesbaden, und auch die übrigen Lebenshaltungskosten sind geringer. Der frei verfügbare Teil des Einkommens ist doch der, der die Lebensqualität beeinflusst.

Sylt liegt nicht an der tschechischen Grenze und ist nicht besonders preiswert. Auch dort zahlen Sie niedrigere Löhne.

Dem muss ich energisch widersprechen. In Westerland zahlen wir seit 14 Jahren uneingeschränkt den Tariflohn nach BMT/AW2, der dem Bundesangestelltentarif (BAT) absolut ebenbürtig ist. Wegen der Besonderheiten des Saisongeschäftes auf Sylt haben wir im Reha-Bereich sogar eine Betriebsvereinbarung für Servicekräfte ausgehandelt.

Planen sie nach der LBK-Übernahme mit einer entsprechenden Marktposition in Hamburg den Ausstieg aus dem BAT?

Ein einseitiger Ausstieg ist ja gar nicht möglich. Wir wären aber bereit, mit den Gewerkschaften über den Abschluss eines Haustarifes zu verhandeln, der Hamburger Besonderheiten angemessen berücksichtigt.

In der Rissener Klinik, die sie 2001 übernommen haben, existiert noch immer kein ausgereiftes Sicherheitskonzept für die neue Psychiatrie.

Der Chefarzt der Psychiatrie, Prof. Stark, wird sicher gerne bestätigen, dass dies falsch ist. Es gibt dort ein Sicherheitskonzept, welches unter Einbindung einer Mitarbeiterkommission zurzeit sogar noch um zusätzliche Komponenten erweitert werden soll.

2002 hatten Sie in Rissen ein Millionendefizit.

Wir haben das Haus in schwieriger Situation übernommen. Es gab in der Tat 2002 hohe Verluste. Das vergangene Jahr haben wir jedoch mit einem annähernd ausgeglichenen Ergebnis abgeschlossen und erwarten für 2004 schwarze Zahlen. 75 zusätzliche Mitarbeiter seit der Übernahme dürften für sich sprechen.

Sie planen, mit Asklepios an die Börse zu gehen – wann?

Lediglich für den LBK war im ursprünglichen Konzept ein Börsengang für 2007 vorgesehen.

Wie verträgt sich das Interesse der Anleger, Dividenden und Renditen zu erzielen, mit dem Interesse der Kassen, ausschließlich Leistungen für Patienten zu finanzieren?

Der LBK benötigt auf Dauer gewaltige Investitionsmittel. Da die öffentlichen Mittel knapper werden, muss das notwendige Kapital über Banken oder die Börse beschafft werden. Bei Banken müssen Zinsen gezahlt werden, für die Aktionäre Dividenden. Langfristig ist eine Finanzierung über die Börse günstiger.

Im Klartext bedeutet das aber: Kassenbeitragszahler finanzieren Aktionärsgewinne.

Es wird in Zukunft von den Kassen Fallpauschalen geben, Behandlungen werden dann überall gleich vergütet. Dann kann es den Kassen egal sein, ob Finanzierungen von Aktionären oder Banken getätigt wurden.

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