: Bremen und die Telekom: War da was?
Der einst gefeierte Kooperationsvertrag mit der Telekom ist tot: Der Senat beschließt heute, dass die Firma „BildungPlus“, im Zuge des Vertrags gegründet, Konkurs anmelden muss. Weiter ungewiss ist die Zukunft von der T-Systems-Tochter „ID Bremen“
Bremen taz ■ Im September des Jahres 2000 gab es im Bremer Rathaus ein Foto mit Star-Lächeln: Bremens Bürgermeister Henning Scherf und Telekom-Chef Ron Sommer unterschrieben feierlich einen Kooperationsvertrag. Eine der „Töchter“ dieses Kooperationsvertrages ist die „BildungPlus“-GmbH. Heute schickt der Senat die Firma offiziell per Beschluss in die Insolvenz – seit nicht einmal zwei Jahren arbeitet die Firma, aber die Telekom will Rendite sehen und hat keine Geduld und damit auch kein Geld für lange Anlauf-Phasen.
Dabei hätte „BildungPlus“ ein Musterbeispiel werden können für technologische Entwicklungen ‚made in bremen‘. „BildungPlus betreibt das eLearning-Netzwerk vhs-virtuell, gefördert im Rahmen der strategischen Kooperation zwischen der Freien Hansestadt Bremen und der Deutschen Telekom AG“, heißt es auf der Internet-Seite www.bildungplus.de. Lernen mit Internet-Unterstützung – ein Zukunftsprogramm: „BildungPlus stellt Kompetenztransfer in den Mittelpunkt – mit einem ganzheitlichen Beratungs- und Schulungskonzept, das auf einer breiten Erfahrungsbasis beruht.“ Was wollten die Partner Bremen und Telekom eigentlich mehr?
Wenn ein Projekt scheitert, sind die Beteiligten üblicherweise äußerst sparsam mit Auskünften. „T-Systems räumt dem Projekt (…) keine Chance auf einen ökonomischen Erfolg in einer angemessenen Zeit ein“, heißt es in dem Senatsbeschluss trocken. „Damit ist die Finanzierung der GmbH nicht mehr gesichert.“ Dies bedeute, dass die GmbH „Insolvenz anmelden muss.“ Fertig.
Der Insolvenz-Antrag ist schon eine Woche vor dem Senatsbeschluss beim Amtsgericht gestellt worden. Dabei hat die Bremer Volkshochschule groß mit dem Projekt „vhs-virtuell“ geworben, in Nordrhein-Westfalen sind über das „Web-Kolleg“ insgesamt 140 Volkshochschulen als Kunden gewonnen worden. Aber Volkshochschulen haben nicht viel Geld, mit dem sie zukunftsträchtige Entwicklungen vorantreiben können. Und der „BildungPlus“ war es untersagt, ihre Dienstleistungen auch privaten Bildungsträgern zu verkaufen – T-Systems hatte die Internet-Plattform nur unter dieser Bedingung an BildungPlus verkauft.
Vor allem aber war Bremen sich beim Abschluss des Kooperationsvertrages mit der Telekom nicht darüber im Klaren, wie kurzfristig die Rendite-Erwartungen des privaten Partners sind, sagen Insider. Ihr Geld müssen sich die Mitarbeiter ab sofort beim Arbeitsamt abholen. Der Fall ist, so steht es in dem Senatsbeschluss, für „Öffentlichkeitsarbeit nicht geeignet“.
Für die Öffentlichkeit wenig geeignet scheint auch das andere große Kooperationsprojekt der T-Systems in Bremen: Mit 49,9 Prozent der Anteile hat sich T-Systems in die unternehmerische Führung des alten Bremer Rechenzentrums ID Bremen eingekauft. Bundesweit wollte ID Bremen Software für Sozialverwaltungen verkaufen. Kiel und Frankfurt haben die Verträge im vergangenen Jahr wütend gekündigt, das Projekt ist eingestellt. Im Dezember musste der Bremer Senat 800.000 Euro ausbuchen, um ID Bremen vor dem unmittelbaren Konkurs zu retten. T-Systems sollte im Frühjahr 2004 mit ID Bremen ein „Fortführungskonzept“ erarbeiten. Seitdem ist Schluss mit Öffentlichkeitsarbeit, und überhaupt ist es seit der feierlichen Vertragsunterzeichnung um die „Erfolgsgeschichte“ der Vereinbarung mit der Telekom sehr ruhig geworden.
Klaus Wolschner
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