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Zwei Referenden als allerletzte Chance

Die Zypern-Verhandlungen über die Schaffung eines gemeinsamen Bundesstaates scheitern an einem Nein der griechischen Seite. Nur ein positives Votum bei einer Volksabstimmung kann jetzt noch den Plan von UN-Generalsekretär Kofi Annan retten

VON JÜRGEN GOTTSCHLICHUND KLAUS HILLENBRAND

„Wir dürfen diese Chance nicht verpassen. Es ist die letzte Gelegenheit für eine gemeinsame Zukunft in Zypern.“ Hasan Hastürer ist Kolumnist von Kibris, der größten Tageszeitung im türkischen Norden. Wie viele Zyprioten sieht er heute nicht ganz frisch aus. Praktisch die gesamte Inselbevölkerung hat eine lange Nacht vor dem Fernseher hinter sich. „Schließlich“, so Merjem, eine türkische Zypriotin aus Famagusta, „will ich nicht morgen in einem anderen Land aufwachen, ohne den Weg dahin mitbekommen zu haben.“

Tatsächlich ließ der Verhandlungskrimi im schweizerischen Bürgenstock keine Langeweile aufkommen. Um 0.45 Uhr trat UN-Generalsekretär Kofi Annan vor die Kameras. An die Politiker aus den beiden Teilen Zyperns gewandt sagte er: „Jetzt liegt es an Ihnen, für eine richtige Entscheidung bei der Volksabstimmung am 24. April zu sorgen. Verspielen Sie diese Gelegenheit nicht. Es sind in Zypern schon zu viele Chancen vertan worden.“

Der UN-Generalsekretär hatte allen Grund für seinen dramatischen Auftritt. Bis zuletzt konnte die griechische Seite sich nicht zu einem Ja für den Annan-Plan durchringen.

Hasan Hastürer ist überzeugt, dass die griechische Seite deshalb Schwierigkeiten hat, weil sie überhaupt das erste Mal ernsthaft verhandeln musste. „Dreißig Jahre hat der Führer der Zyperntürken, Rauf Denktasch, ihnen alle schwierigen Fragen abgenommen, weil er schon Nein gesagt hat, bevor der Ball im Spiel war. Jetzt haben die Türken Ja gesagt, und die griechische Seite ist darauf nicht vorbereitet. Sie haben wieder gewartet, dass Denktasch ihnen die Entscheidung abnimmt.“ Doch der Hardliner war in der Schweiz gar nicht mehr dabei. Verhandelt haben erstmals die Kräfte unter den Zyperntürken, die wahrhaftig eine Konfliktlösung befürworten. Dabei ist der letzte Nacht von Annan in seiner endgültigen Fassung vorgelegte Plan für beide Seiten nicht leicht zu verdauen. Für eine weitgehende dauerhafte Autonomie in ihrem Kanton haben die türkischen Zyprioten weitreichende territoriale Zugeständnisse gemacht. Mete Hatay, der als Mitglied eines türkisch-griechischen Teams im Auftrag der UN den Annan-Plan der Bevölkerung vorstellt, rechnet vor, dass nach dem Plan von knapp 200.000 Bewohnern im Nordteil der Insel rund 80.000 ihre Häuser und Grundstücke in den kommenden drei Jahren verlassen müssen.

Die griechische Seite soll akzeptieren, dass es einen türkisch autonomen Teil geben wird. Das bedeutet auch, dass nicht alle Flüchtlinge des Kriegs von 1974 in ihre Häuser zurückkehren können. Zudem bleibt ein kleines Kontingent türkischer Truppen im Norden stationiert.

Für die griechischen Politiker ist auch schwer zu akzeptieren, dass sie sich die Macht mit ihren türkischen Kollegen teilen sollen. Die Legislative und Exekutive der künftigen Bundesregierung wird proportional besetzt, die Präsidentschaft soll rotieren.

Trotz der ablehnenden Haltung der Zyperngriechen seien die Verhandlungen noch nicht gescheitert, betonte gestern EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen. Am 24. April wird die Bevölkerung getrennt über die Gründung der „Vereinigten Republik Zypern“ abstimmen.

Der Druck auf die Regierung Papadopoulos, die Bevölkerung zu einem Ja aufzurufen, ist groß. Sowohl die EU wie die USA haben klar gemacht, dass sie von beiden Seiten eine Zustimmung erwarten. Griechenlands Premier Kostas Karamanlis rief die Zyperngriechen zu „Vernunft, Verantwortungsbewusstsein und Einsicht“ auf.

Noch hat sich Präsident Papadopoulos nicht geäußert – ebenso wenig wie die linke Akel-Partei, mit deren Zustimmung zum Zypernplan zuletzt gerechnet wurde. Umfragen nach einer nationalistischen Kampagne sind jedoch eindeutig: Mehr als 75 Prozent wollen mit Nein stimmen. Lehnen die Griechen ab, werden sie zwar alleine EU-Mitglied, könnten aber damit konfrontiert werden, dass der internationale Boykott gegen Nordzypern aufgehoben wird oder einige Staaten bereit sein könnten, den Staat Nordzypern anzuerkennen. Das wäre, was Rauf Denktasch immer gewollt hat.

meinung und diskussion SEITE 11

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