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Wenn Bürger stiften gehen

Wer eine Stiftung gründet, kann Steuern sparen – und Gutes tun. Dazu braucht es weniger Geld als gedacht. Bei der Gemeinnützigen Treuhandstelle e. V. können Interessierte zum Beispiel soziale und ökologische Projekte unterstützen

VON MIRKO HEINEMANN

Sie heißen „Berliner helfen Berlinern“, „Bürgerstiftung Göttingen“, „Zukunftsfähiges München“ oder „Wir Wipperfürther“ – in jüngster Zeit steigt in Deutschland die Anzahl von Bürgerstiftungen massiv an. 70 bestehende Bürgerstiftungen werden auf der Website www.buergerstiftungen.de aufgelistet, über 50 befinden sich in Gründung.

Es sind vor allem Einzelpersonen, die ein neues Stiftungsrecht ermutigt hat, eine eigene Stiftung zu gründen. Seit 1. Januar 2000 wird, wer in Deutschland eine Stiftung gründet, mit Steuervorteilen belohnt. So bleibt derjenige von der Erbschaftssteuer befreit, der sein Erbe innerhalb von zwei Jahren als Stiftungsvermögen anlegt. Außerdem lassen sich in zehn Jahren 307.000 Euro in Stiftungsvermögen umwandeln – steuerfrei. Die „Initiative Bürgerstiftungen“ ermittelte, dass sich das Vermögen der deutschen Bürgerstiftungen in den Jahren von 2000 bis 2003 mehr als verdoppelt habe. Im Frühjahr 2003 betrug das Gesamtvermögen der Stiftungen 18,2 Millionen Euro.

„So mancher, der früher einen Verein gegründet hätte, gründet heute eine Stiftung“, erklärt Andrea Valdinoci, Berater bei der Gemeinnützigen Treuhandstelle e.V. (GTS) in Bochum. „Zwar assoziiert man mit dem Begriff der Stiftung immer noch große Vermögen. Aber es ist nicht so viel Geld erforderlich, wie man glaubt.“ Andrea Valdinoci ist Ansprechpartner für Menschen, die entweder selbst eine Stiftung mit sozialen oder ökologischen Zielen gründen oder eine bestehende unterstützen möchten.

Die GTS gründete sich 1961 als Zusammenschluss von gemeinnützigen Vereinen mit sozialen und ökologischen Zielen. Sie berät Privatpersonen bei der Gestaltung von Testamenten, Erbschaften und Schenkungsvermögen. Außerdem hat sich aus diesem Verein die „Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“, GLS, gegründet. Die genossenschaftlich organisierte Bank, die nicht gewinnorientiert arbeitet und soziale und humanitäre Ziele verfolgt, übernahm vor einem Jahr die Geschäfte der angeschlagenen Frankfurter Ökobank.

Vor zwei Jahren hat die Gemeinnützige Treuhandstelle e. V. eigene Stiftungsfonds installiert. Diese „Zukunftsstiftungen“ haben fünf verschiedene Schwerpunkte. Sie fördern etwa freie Bildungsangebote oder unterstützen Selbsthilfeprojekte in Afrika. Interessierte können hier einen Mindestbetrag von 3.000 Euro, eine so genannte „Zustiftung“, einzahlen. „Solche Zustiftungen“, so Berater Andrea Valdinoci, „können auch als Sondervermögen deklariert werden, sodass der Stifter nach wie vor Einfluss auf sein Vermögen behält“.

Den Grund dafür, dass immer mehr Bürger ihre eigene Stiftung gründen wollen, sieht Valdinoci einerseits in höheren Vermögen, die vererbt werden. Auf der anderen Seite gibt es offenbar Bedarf, die Suche nach gesellschaftlichen Alternativen zu unterstützen oder Gutes zu tun. Und das möglichst direkt oder, wie Valdinoci formuliert, „auf Tuchfühlung“. Frei nach dem Motto: Anstatt für eine Organisation zu spenden, gründe ich doch gleich selbst eine.

Wer eine eigene Stiftung gründen möchte, braucht zunächst eine Satzung, aus der möglichst genau die Ziele der Stiftung hervorgehen. Soll eine bestimmte Krankheit erforscht werden, oder soll das Geld eingesetzt werden, um soziale Ungerechtigkeit zu nivellieren?

Weiterhin wird ein Grundkapital gebraucht, das 50.000 Euro nicht unterschreiten sollte – die Kriterien unterscheiden sich geringfügig von Bundesland zu Bundesland. Allerdings sei mit dem Mindestkapital keine ernsthafte Stiftungsarbeit möglich, meint Andrea Valdinoci: „Wir gehen davon aus, dass ein Stiftungsvermögen mindestens drei Millionen Euro betragen sollte, damit eine richtige Stiftung mit wenigstens einem hauptamtlichem Mitarbeiter entstehen kann.“

Als Nächstes muss ein Stiftungsrat installiert und das Kapital sinnvoll angelegt werden. Dabei am besten auf sichere Anlageformen zurückgreifen. „In jüngster Zeit sind viele mit riskanten Modellen Pleite gegangen.“ Es sollte ja nicht darum gehen, das Kapital aufzubrauchen, sondern dessen Erträge sinnvoll einzusetzen.

Doch was geschieht, wenn die Stiftung ihren Zweck verliert, die tödliche Krankheit erforscht oder die soziale Ungerechtigkeit in der Welt besiegt wurde? „Es gibt sicherlich eine hohe Dunkelziffer an Stiftungen, denen der Sinn verloren gegangen ist und von denen irgendwo noch das Kapital vorhanden ist“, meint Andrea Valdinoci. Für den Fall, dass die Welt doch noch besser wird, als man bei Gründung der Stiftung glaubte, heißt es vorzusorgen – mit einer entsprechenden Verfügung in der Satzung.

Gemeinnützige Treuhandstelle e. V.: www.gemeinnuetzige-treuhandstelle.de, Netzwerk der Bürgerstiftungen: www.buergerstiftungen.de/mir

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