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hamburger szeneDraußen vor der Tür

In Hamburg vertraut niemand niemandem. Am auffälligsten zeigt sich diese Furcht vor dem fremden Angreifer, Übeltäter und Langfinger an den Briefkästen: Die befinden sich hier merkwürdiger Weise und fast ausnahmslos in den Hausfluren – und nicht da, wo Briefkästen hingehören: draußen am Haus. Dort könnten sie aber doch auch aufgebrochen werden, entgegnen mir älter eingesessene Hamburger immer wieder. Da, wo ich herkomme, pflegt man Briefkästen allerdings nicht aufzubrechen. Man wirft stattdessen Briefe hinein, zuweilen Pizzaflyer, an Silvester auch schon mal einen Knaller – und natürlich Zeitungen.

Aber die werden – wer hätt’s gedacht – von den hiesigen Zustellern nicht in den vorgesehen Bestimmungsort geworfen, sondern in anonyme, weiße Plastiktüten gestopft. Diese wiederum baumeln dann ab sechs Uhr in der Früh am Knauf der Haustür – wenn man Glück hat. Oft landet das abonnierte Blatt lieblos auf dem dreckigen Treppenabsatz. Oder auf dem Bürgersteig, der ist noch dreckiger.

Die Folge ist natürlich, wie soll es anders sein, dass in regelmäßigen Abständen Exemplare des bevorzugten Journals den Bezieher nicht erreichen. Dem Dieb kann man das nicht vorwerfen: Er hat die Zeitung – in der Tüte, auf der Treppe – ja schließlich nicht gestohlen. Sondern nur das nette Angebot wahrgenommen, welches das Haus ohne Briefkasten ihm da gemacht hat. Zum Glück ist der drinnen sicher.UTA GENSICHEN

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