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standbildPolitschocker Made in Denmark

„Alles Banditen – Wenn Europas Regierungschefs unter sich sind“ (Di., 23.00 Uhr, NDR)

Da interessiert sich endlich mal das Fernsehen dafür, wie in Europa Politik gemacht wird – und den Politikern ist es wieder nicht recht. Es wäre „ein Schock“ für ihn, wenn „Alles Banditen – Wenn Europas Regierungschefs unter sich sind“ im deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen wäre, bekannte EU-Kommissar Günter Verheugen (SPD) Ende letzter Woche in Hamburg.

Doch der NDR ließ sich davon nicht beirren. Er hat die dänische Dokumentation am Dienstag zu später Stunde ausgestrahlt – andere Sendeanstalten wollen dem Beispiel folgen.

Drei Monate lang, während der Vorbereitung des EU-Erweiterungsgipfels von Kopenhagen, hat Regisseur Christoffer Guldbrandsen den dänischen Regierungschef Rasmussen mit der Kamera begleitet. Teilweise trug Rasmussen, der als amtierender Ratspräsident die Verhandlungen leiten musste, ein verstecktes Mikrofon am Revers.

Verheugen behauptet, den Film nicht gesehen zu haben, da er ohnehin nur ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit zeigen könne. Allerdings ist er – neben den dänischen Gastgebern – der Einzige, über den tatsächlich Enthüllendes ans Licht kommt. Nachdem Rasmussen mit dem russischen Staatspräsidenten Putin eine Transitvereinbarung für Kaliningrad ausgehandelt hat, sagt Verheugen lachend: „Der Text ist o.k. Aber ob das in der Praxis funktionieren wird, ist eine andere Geschichte.“

Weitaus peinlicher noch dürften ihm die Passagen im Gipfelzentrum von Kopenhagen sein, wo er sich klar auf die Seite der Dänen schlägt, die wie geplant die Verhandlungen mit allen neuen Mitgliedsländern zu Ende führen wollen – auch wenn es für Deutschland teurer wird. Als Rasmussen droht, notfalls nur mit acht Kandidaten abzuschließen, sagt Verheugen beschwörend: „Zwei Beitrittsländer weniger – da verlieren wir 50 von 73 Millionen Menschen.“ Darauf Rasmussen: „Dann muss Schröder eben mehr bezahlen!“ – Verheugens stumme Reaktion spricht Bände: Er sieht das genauso.

Wer sich vom Blick hinter die Kulissen süffige Enthüllungen erwartet, kommt nicht auf seine Kosten. Aber es gibt viel zu lachen: Wenn Rasmussen sagt: „Wir füllen sie mit Champagner ab. Sie sollen ja Geld auf den Tisch legen.“ Wenn der große Jacques Chirac vom Protokollchef übersehen wird und auf die Frage, wo die Franzosen bleiben, fast flehend sagte: „Hier bin ich. Ich bin doch schon hier.“

Vor allem aber wirft der Film ein Schlaglicht auf die Banalität des politischen Geschäfts: Als Rasmussen die zusätzlichen Euros von seinen Kollegen eingesammelt hat, setzt er sich an den Tisch und verteilt die Summe auf die zehn Kandidatenländer. „Mancher wird nachher fragen, warum die Zahlen so ausgefallen sind“, sagt er hellsichtig. „Die Antwort ist: Zufall. Aber so ist halt Politik.“

Die Dokumentation von Guldbrandsen sollte zur Videothek jeder Zentrale für politische Bildung gehören. Das sieht auch der dänische Ministerpräsident so. Der Film sei eine gute Möglichkeit, der Öffentlichkeit Einsicht in politische Prozesse zu geben, sagte Fogh Rasmussen auf die Frage, warum er das Material freigegeben habe, das ihn als sympathischen, aber respektlosen Gesellen entlarvt.

DANIELA WEINGÄRTNER

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