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DAS KINDERBETREUUNGSGESETZ VERLIERT SICH IM NIRGENDWOUnd die Mutter bleibt zu Hause

Es will einfach nichts vorangehen. Jetzt ist mit dem Entwurf für das Kinderbetreuungsgesetz sogar ein Renommierprojekt der rot-grünen Regierung auf eine Schiene gesetzt worden, die ins Nirgendwo führt. Zwar wollte Familienministerin Renate Schmidt (SPD) beherzt die Kinderbetreuung ausbauen. 20 Prozent der Kinder unter drei Jahren sollten bis 2010 einen Betreuungsplatz haben, so ihre Ankündigung.

Doch in dem Entwurf, der nun in den Ministerien kursiert, ist keine Rede mehr von einer solchen Quote. Eltern sollen auch keinen juristischen Anspruch auf einen Betreuungsplatz bekommen. Noch nicht einmal diejenigen, die diesen Platz dringend benötigen, sollen ein Recht darauf haben. Lediglich eine so genannte Vorhaltepflicht soll den Kommunen auferlegt werden, heißt es. Apart daran ist, dass es eine solche schwerlich einklagbare Vorhaltepflicht für Betreuungsplätze für Kinder bis zum Alter von drei Jahren schon gibt. Sie steht seit 1992 im Kinder- und Jugendhilfegesetz. Praktische Konsequenzen im Sinne von mehr Betreuung hatte sie nicht. Im Gegenteil: In Ostdeutschland werden munter Krippenplätze abgebaut, in Westdeutschland hat sich seit 1992 in diesem Bereich nichts Wesentliches verändert.

Diesen Trend ins Nirgendwo setzt die Regierung nun fort. So wollte sie einst Familien fördern: Kinder sollten staatlich betreut werden, Frauen arbeiten gehen. Als Ich-AG können sie einen Brötchenschmierdienst eröffnen. Am besten fahren sie aber, wenn sie als Tagesmutter schwarzarbeiten, für andere Eltern, die keinen Betreuungsplatz finden. Wenn diese Regierung die berühmten 1,5 Milliarden Euro für den Ausbau der Betreuung so dringend zur Verfügung stellen will, wie sie seit Monaten behauptet – warum verpflichtet sie die Kommunen dann nicht darauf, wenigstens den dringendsten Bedarf damit zu decken? Das Gesetz wäre nicht einmal im Bundesrat zustimmungspflichtig. Der Grund kann nur lauten: Sie glaubt ihre Legende vom Geldregen selbst nicht. Alles bleibt beim Alten, und die Mutter bleibt zu Hause. HEIDE OESTREICH

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