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NRW-Hochschulreform übers Knie gebrochen

Bachelor- und Masterstudiengänge sollen bis 2006 die alten Abschlüsse ersetzen. Skepsis bei Hochschulen und Asten

DÜSSELDORF taz ■ Das Land NRW prescht mit seinen Hochschulreformen weit nach vorn: Bis zum Wintersemester 2006/2007 will Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft (SPD) sämtliche Diplom- und Magisterabschlüsse abschaffen und durch Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzen. Kraft erhofft sich dadurch ein „schnelles und besseres Studium“. Dabei könnte sie sich noch Zeit lassen: Erst 2010 sollen in Europa einheitliche Studienbedingungen gelten.

Vereinzelt bieten Universitäten im Lande die Studiengänge nach angloamerikanischem Vorbild bereits an. Bochum und Bielefeld haben ihr Angebot schon weitest gehend umgestellt. Ein Bachelor-Studium dauert sechs Semester und gilt bereits als berufsqualifizierender Abschluss. Neben Fachwissen werden „soft skills“ –Schlüsselqualifikationen – Pflicht: Dazu gehören Jura- und BWL-Kenntnisse, oder auch „Präsentationstechniken“. Der zweijährige „Master“ wird draufgesetzt, dauert vier Semester und richtet sich vor allem an angehendeWissenschaftlerInnen.

Zustimmung findet die Landesregierung bei Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) der Bertelsmann Stiftung in Gütersloh. Projektleiterin Johanna Witte fordert zudem eine weitere Ausdehnung der neuen Abschlüsse auf Lehrämter, Jura und Medizin. „Die Staatsexamina müssen mittelfristig auch mit rein“, so Witte.

Das Studium wird berufsorientierter, aber auch oberflächlicher, befürchten die Studierendenvertretungen. „Nur wer den Master draufsetzt, hat eine Chance auf profundes Wissen“, sagt Katja Kluth, Vorsitzende des AStA der Uni Bonn. Nach ihrer Information soll außerdem nur ein Drittel der AbsolventInnen für das fortführende Masterstudium zugelassen werden. „Die restlichen werden massenhaft für die Wirtschaft ausgebildet.“

Skepsis gegenüber den Plänen des Ministeriums kommt auch von der Spitze der Universitäten: „Unsere Ingenieurwissenschaftler, insbesondere Physiker und Chemiker, sträuben sich dagegen, die in der Wirtschaft anerkannten Diplomstudiengänge aufzugeben“, sagt Norbert Frie, Pressesprecher der Uni Münster. An der Uni Dortmund ist man verwundert über die kurze Umstellungszeit: „Eine Einhaltung der Frist ist unrealistisch“, sagt Dirk Günnewig, persönlicher Referent des Rektors.

An der Ruhruni Bochum ist man mit den neuen Studiengängen zufrieden. Pressesprecher Josef König kann jedoch auch bestätigen, dass Bund und Land darüber nachdenken, die Zulassung zu Masterstudiengängen zu beschränken. „Das wäre allerdings ein Vertrauensbruch den Studierenden gegenüber, die unter anderen Vorzeichen bereits ein Bachelor-Studium begonnen haben.“ Ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums dementierte gegenüber der taz die Einführung eines „Numerus Clausus“ für den Master.

NATALIE WIESMANN

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