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silke burmesterSchawinski ante portas!

Der neue Sat.1-Chef rekrutiert sein Personal höchstpersönlich – mit überraschenden Hausbesuchen. Ich bin bereit.

Roger Schawinski, der in Deutschland durch den Fortgang Harald Schmidts schneller bekannt wurde, als in der Schweiz die Uhren ticken, ist ein Mann der Tat.

Von der Süddeutschen nach der Sat.1-Nachrichtenreform befragt, schildert der neue Chef bodenständige Managerqualitäten: „Ich habe mir alle Nachrichtensendungen … angeschaut und dann entschieden: Den will ich. Ich bin zu Kausch nach Hause gefahren und habe ihm gesagt: Ich will Sie, ich rede mit keinem anderen.“ Eben noch vor der Berliner Breitwandglotze die Augen didschig geguckt, dann ab in die Karre und zu Kausch gekurvt. Die Guten holt der Teufel.

Ich frage mich, was soll ich bloß anziehen? Was, wenn ich noch den Bademantel anhabe, wenn Schawinski in der Tür steht? Was, wenn ich gerade voll PMSig bin, komplett verpickelt, die Haare schmierig runterhängen, ich seit drei Tagen nicht vor der Tür war, weil ich nur noch weinen kann? Was dann? Ich habe wenigstens die Wohnung schon mal schön gemacht. Habe Staub gewischt und gebohnert, das Altpapier aus dem Flur geräumt und einen Osterstrauß hübsch im Eingangsbereich arrangiert. Damit er sofort sieht, dass es bei mir so schön ist wie in seinem Programm: heile Welt mit lustigen Protagonistinnen. Frauen am Rande aller möglichen Zusammenbrüche. Das ist ja der Schwerpunkt der Filme, die auf Sat.1 ab 20.00 Uhr laufen. Moderne Frauen kommen klar.

Aber warum ist Schawinski eigentlich zu Kausch nach Hause gefahren? Wollte er noch schnell einen Blick auf die Polstergarnitur werfen, um Rückschlüsse auf seine Nachrichtenkompetenz zu ziehen? Hat er die Bücherwand studiert, oder, schlimmer noch, die Plattensammlung?

Auf der anderen Seite ist es natürlich ein Weilchen her, dass ein Mann vor meiner Tür stand und gesagt hat: „Ich will Sie!“ Soll er ruhig kommen. Aber was sollte ich bei Sat.1 tun? Ich erstarre vor der Kamera. Ich sehe komisch aus. Ich bin überhaupt nicht lustig. Herr Schawinski, ich bitte Sie, fahren Sie weiter! Sie wollen mich nicht. Ehrlich.

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