: Hutu-Milizen im Osten Kongos weiter aktiv
Ruanda meldet Kapitulation eines wichtigen Milizenchefs nach dem ersten Angriff auf das Land seit drei Jahren
BERLIN taz ■ Die Regierung von Ruanda hat einen neuen Erfolg im Kampf gegen ruandische Hutu-Milizen in der Demokratischen Republik Kongo gemeldet. Evariste Murenzi, zweitwichtigster ruandischer Milizenchef im Kongo, habe sich ergeben, erklärte zu Wochenbeginn die ruandische Armee. Er habe am Donnerstag die Grenze nach Ruanda überschritten.
Murenzi wurde als Kommandeur einer Gruppe von 3.000 Milizionären dargestellt, die sich seit Januar in einem Waldgebiet in der an Ruanda angrenzenden ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu verschanzt hält. Die Hutu-Milizen im Kongo sind Reste und Nachfolger der für den ruandischen Völkermord von 1994 verantwortlichen Gruppen, die nach ihrer Niederlage in Ruanda in das damalige Zaire flohen und 1996–2002 dort an Seiten der kongolesischen Regierung gegen Ruandas Armee kämpften. Seit im Kongo offiziell Frieden herrscht, werden die ruandischen Kämpfer aus Kongos Streitkräften ausgegliedert und die UN-Mission im Kongo bringt sie in ihr Heimatland zurück.
Nach UN-Angaben haben bisher knapp die Hälfte der ruandischen Hutu-Kämpfer im Kongo das Angebot zur Demobilisierung und Repatriierung angenommen. Zurück bleibt ein schrumpfender, aber harter Kern kompromissloser Kämpfer. Nachdem im November 2003 der wichtigste ruandische Hutu-Kommandant im Kongo, Paul Rwarakabije, die Waffen streckte, begannen diese Extremisten, gegen ihre bisherigen kongolesischen Verbündeten zu kämpfen. Ihre Plünderfeldzüge gegen die Zivilbevölkerung verschärften die Unsicherheit in Teilen des Ostkongo massiv. Vergangene Woche griff eine Gruppe ruandischer Hutu-Kämpfer zum ersten Mal seit drei Jahren wieder ruandisches Territorium an; 16 Angreifer wurden im Nordwesten Ruandas getötet, meldete die ruandische Regierung.
Die erneute Verschärfung dieser Konflikte fällt mit einer Verstärkung der UN-Mission (Monuc) in der Region zusammen. Die 3.700 Mann starke „Kivu-Brigade“ der Monuc, die sich um die Aktivitäten irregulärer bewaffneter Gruppen im Ostkongo kümmern soll, ist seit 1. April offiziell im Einsatz. Die lokale Bevölkerung knüpft daran große Erwartungen. Nach neuesten Angaben sind in den drei ostkongolesischen Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu und Maniema noch immer 1,4 Millionen Menschen vertrieben und wegen anhaltenden Milizenterrors ist über ein Viertel von ihnen für Hilfswerke nicht erreichbar.
Eine der ersten Aufgaben der neuen UN-Truppen wird die Untersuchung eines Massengrabes im Dorf Lukweti sein, 100 Kilometer nordwestlich von Nord-Kivus Provinzhauptstadt Goma im Distrikt Masisi. Dort fanden UN-Beobachter vergangene Woche ein Massengrab mit mindestens 25 Toten. Die Region ist eine Hochburg der ruandischen Milizen, die von dort aus gegen die in Goma herrschende kongolesische Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) kämpfen. Dorfbewohner machten die RCD für das Massaker verantwortlich, das am 12. März bei dreitägigen Kämpfen gegen die Milizen geschehen sei. DOMINIC JOHNSON
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen