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Höhn: Steinkohlebergbau nicht zukunftsfähig

Grüne Ministerin zur taz: „Nicht zu verantworten, weiter so viel Geld in den Bergbau zu stecken“. SPD-Kritik an Höhn

DÜSSELDORF taz ■ Wenige Wochen vor der Entscheidung über Zechenschließungen bei der Deutschen Steinkohle AG (DSK) hat NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) den Bergbau frontal angegriffen. Der Steinkohlebergbau in NRW sei nicht zukunftsfähig, sagte Höhn zur taz. „Angesichts der Lage im NRW-Haushalt, aber auch aus ökologischen Gründen, ist es nicht zu verantworten, dass man weiter so viel Geld in den Bergbau steckt, um auf Dauer einen Kohlesockel aufrechtzuerhalten.“ In anderen Bereichen habe man Einschnitte vorgenommen, während die Privilegien des Bergbaus weiterbestünden.

Unterstützung erhielt Höhn vom Naturschutzbund (Nabu) NRW und der Bürgerinitiative Bergbaubetroffener am Niederrhein (BiB). Der BiB-Vorsitzende Klaus Friedrichs begrüßte Höhns Aussagen. Die BiB kämpft gegen die negativen Auswirkungen des Kohleabbaus für den Niederrhein. Frau Höhn spreche das aus, was viele Menschen dächten, dafür habe sie seine Unterstützung „aus vollem Herzen“, sagte der Nabu-Landesvorsitzende Josef Tumbrinck. Man hoffe, dass sich die Ministerin mit diesem Standpunkt durchsetze – „das ist aber noch ein langer Weg“.

Höhns deutliche Positionierung ist bewusst terminiert. Am 18. Mai soll über mögliche Zechenschließungen beim Steinkohle-Konzern DSK entschieden werden. Zudem drängen Bergbaugewerkschafter auf schnelle Beschlüsse über die staatlichen Steinkohle-Beihilfen ab 2006. Nabu-Chef Tumbrincks Vermutung, Höhns Rundumschlag werde für Knatsch innerhalb der Koalition sorgen, erfüllte sich denn auch prompt: Der SPD-Landtagsabgeordnete und DGB-Bezirksvorsitzende Niederrhein Rainer Bischoff kritisierte Höhn: „Diese Aussagen sind eine Zumutung und nicht erträglich für die betroffenen Bergleute.“ Die Position der Grünen sei ja nicht neu, bisher sei der Abgeordnete Reiner Priggen „durch die Lande gelaufen und habe vom Ende des Bergbaus geredet“. Er verstehe Höhns Äußerungen als Bestandteil des Pokers im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Kohlebeihilfen in Düsseldorf und Berlin: „Das übersteigt aber das ertragbare Maß.“

Die Ministerin solle sich mäßigen, meinte Bischoff. Von einem Riss innerhalb der rot-grünen Koalition wollte er nicht sprechen. Die SPD solle zu ihren Zusagen bezüglich des Bergbaus weiter stehen, forderte der Kohlefreund. Die DSK, der Hauptadressat der Höhn-Attacke, hielt sich komplett bedeckt. Man wolle keinerlei Stellungnahme zu dem Thema abgeben, hieß es dazu aus der Firmenzentrale in Herne. ALEXANDER FLORIÉ

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