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Das achte Weltwunder

… wäre der Klassenerhalt des FC Union. Sagt der Kapitän des Zweitligisten. Probleme bereiten aber die Finanzen

Alle Messen waren gesungen, da öffnete der scheintote Patient tatsächlich noch mal die Augen. Der 1. FC Union Berlin, Vorletzter der 2. Fußballbundesliga, kann nach dem 2:0-Auswärtssieg am Freitag in Osnabrück (nach Toren von Sobotzik und Page) weiter auf den Klassenerhalt hoffen. „Nur noch vier“, skandierten die Berliner Fans in Niedersachsen. Noch vier Siege benötigt ihr Team aus den restlichen vier Partien in der 2. Liga. „Der Klassenerhalt wäre das achte Weltwunder“, gesteht Mannschaftskapitän Steffen Baumgart.

Theoretisch ist noch viel mehr möglich bei den Eisernen – sogar der Absturz in die viertklassige Oberliga. Entschieden wird die Zittersaison nicht unbedingt auf dem grünen Rasen, sondern möglichweise am grünen Tisch der Finanzbürokraten. „Wir haben die Lizenz“, ver kündete Lars Töffling, Pressesprecher des 1. FCU, vor Wochenfrist. Was sich zunächst wie eine frohe Botschaft anhörte – viele Fans hatten einen Lizenzentzug befürchtet –, mutierte nach intensivem Studium der Post von der Deutschen Fußball-Liga zu einem Schock.

Denn der Lizenzgeber hat dem Verein knallharte wirtschaftliche Bedingungen gestellt für die Zugehörigkeit zur 2. Liga sowie zur Regionalliga. „Die Bedingungen sind nicht ohne“, stöhnt Töffling. Um den Absturz in die Anonymität des Amateurlagers zu verhindern, muss Union bis Mitte Juni eine Bürgschaft von über 1 Million Euro vorlegen.

Die Eisernen sind mehr denn je abhängig von ihren Sponsoren. Denn das Fernsehen würde in der Regionalliga lediglich 375.000 Euro beisteuern (in der 2. Liga beträgt die TV-Quote fast das Zehnfache!). Weil viele Geschäftspartner bislang lediglich Absichtserklärungen abgegeben haben, ohne ihr weiteres Engagement mit konkreten Zahlen zu unterfüttern, wächst der Zeit druck auf Union.

„Es gibt positive Signale. Die meisten Sponsoren wollen uns auch beim Abstieg die Treue halten“, verkündet Marketingchef Ralf Büttner seit Wochen. Für das Zögern vieler der 62 Firmen im Partnerpool zeigt er Verständnis: „Die Konjunktur läuft eben schlecht.“

Dabei würde Union beim Abstieg in die Regionalliga auf Sparflamme kochen. Mit kalkuliertem 1,9-Millionen-Euro-Etat würde man bestenfalls einen Finanzplatz im Mittelfeld belegen. Die Hauptstadt ist im Sportsponsoring als heißes Pflaster bekannt. „In Berlin zählt nur Spitzenklasse“, berichtet Büttner. Und die kann Union nicht bieten. JÜRGEN SCHULZ

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