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Arzneimittel vom Reisacker

In Kalifornien soll erstmals Gentech-Reis zur Produktion von Medikamenten großflächig angebaut werden

An genmanipulierte Baumwolle und Mais haben sich die Farmer im US-Bundesstaat Kalifornien schon fast gewöhnt. Das Vorhaben der kleinen in Sacramento ansässigen Biotech-Firma Ventria großflächig transgenen Reis anzubauen, geht ihnen aber doch zu weit. Ventria hofft als erstes Unternehmen überhaupt die Erlaubnis zu bekommen, Arzneimittel vertreiben zu dürfen, die auf dem Acker durch Reispflanzen produziert werden. Vor allem die Reisfarmer sind gegen den Anbau. Sie befürchten, dass ihre Ernte kontaminiert wird und dass ihnen die Abnehmer davonlaufen.

Ventrias Reispflanzen sind mit zwei menschlichen Genen ausgestattet. In den Körnern produzieren sie die Substanzen Lactoferrin und Lysozym. Normalerweise sind diese beiden antibakteriellen Wirkstoffe in der Muttermilch zu finden. Sie schützen die Kleinkinder vor Infektionserkrankungen wie zum Beispiel Durchfall, Mittelohrentzündungen oder Meningitis.

Klinische Studien zur Prüfung der Wirksamkeit der aus dem Reismehl extrahierten Substanzen sollen noch diesen Sommer in einer Klinik in Peru beginnen. In einer weiteren Studie, in Los Angeles, soll untersucht werden, ob Lactoferrin auch bei Eisenmangel helfen kann. Zudem hat Ventria bei der US-Arzneimittelbehörde FDA beantragt, ihr Reismehl als medizinisch wirksames Lebensmittel, als so genanntes Nutraceutical, anzuerkennen. Besonders hervorgehoben wird von dem Unternehmen, dass die Arzneistoffe in den Reiskörner auch nach dreijähriger Lagerzeit immer noch wirksam seien. Das würde vor allem in Entwicklungsländern helfen, wo häufig keine Möglichkeit besteht, Arzneimittel gekühlt aufzubewahren.

Eigentlich wollte Ventria mit dem kommerziellen Reisanbau schon in dieser Saison beginnen. Ende März erhielt das Unternehmen auch die Erlaubnis der kalifornischen Reiskommission im Süden des Bundestaats auf 50 Hektar ihre Arzneimittelpflanzen auszubringen. Ventria hatte sich schon darauf eingelassen, den Gentech-Reis nur im Süden Kaliforniens anzubauen, weitab vom Reisgürtel im Norden. Dort wird jährlich Reis im Wert von etwa 500 Millionen Dollar produziert. Doch die US-Landwirtschaftsbehörde USDA machte der Firma jetzt einen Strich durch die Rechnung. Sie besteht auf ein Genehmigungsverfahren mit öffentlicher Beteiligung. Bis Juli – spätestens dann müssen die Pflanzen draußen sein – ist das jedoch nicht zu bewerkstelligen. WOLFGANG LÖHR

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