steffen grimberg : Das royale System
Bei der Hochzeit des DänenprinzenFrederik und seiner Maryübertreffen sich ARD und ZDF:Sie übertragen parallel
„Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb.“ Okay, okay, das mit den Königskindern ist ja nun mal nicht so. Sie ist Australierin und – auch wenn das Land formal noch irgendwie die Briten-Queen zum Oberhaupt hat – bürgerlich, diese Ms. Mary Donaldson. Aber darauf kommt’s uns in diesem Augenblick gar nicht an. Sondern auf die zwei.
Denn wo so viel Liebe – Adel hin oder her – hinfällt, ist auch Platz für zwei Fernsehsender, die das deutsche TV-Publikum am ganz großen Glück teilhaben lassen wollen.
In staatsfern konstruierten Rundfunkgebilden wie dem deutschen ist der Adel naturgemäß – öffentlich-rechtlich. Und so zeigen ARD und ZDF, Erstes und Zweites, heute in trauter Eintracht die Trauung des Dänenprinzen mit seiner Mary. „Da hört man Glöcklein läuten, da hört man Jammer und Not“, mag man angesichts solch kreativer Programmplanung aus vollem Hals mitsingen.
Denn mit dabei, man ahnt es schon, die üblichen Blaublüter wie Rolf Seelmann-Eggebert für die ARD. Und Gitte Haennig fürs ZDF. Was ausgerechnet die Frau, die mit dem „Cowboy als Mann“ nicht ganz das Musikprogramm in der Kopenhagener Kathedrale treffen dürfte, auf der Hochzeit verloren hat? Sie ist Dänin!
Egal, dafür tut’s dem Informationsanteil am Programm des Informationssenders ZDF gut. Königliche Hochzeiten, falls Sie das noch nicht bemerkt haben, sind nämlich Information pur. Und während die ARD schon nach schlappen drei Stunden fumpfundfuffzich Live-Minuten genug hat, sendet das Zweite 600 Sekunden länger. So baut man seine Spitzenposition (Info-Anteil 2003 schon beachtliche 51,3 Prozent) gnadenlos weiter aus.
Deshalb sei hier eine Schweigeminute eingeschoben: Gedenken wir des unbekannten Klägers, der den royalen Mummenschanz in letzter Minute vom Schirm verbannen wollte.
Doch das Verwaltungsgericht Mainz lehnte schon am Mittwoch den Antrag eines Zuschauers ab, das ZDF auf die Ausstrahlung von Nachrichten an Stelle der Hochzeit zu verpflichten. Ein Zuschauer habe grundsätzlich keinen Anspruch auf die Ausstrahlung bestimmter Fernsehsendungen, begründete das Gericht.
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