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Gandhi braucht Unterstützung der Linken

Nach den indischen Parlamentswahlen gilt Sonia Gandhi als die unbestrittene Wahlsiegerin, der niemand den Griff zur Macht verwehren wird. Doch muss sie noch ein Bündnis mit den beiden ebenfalls siegreichen kommunistischen Parteien schmieden

AUS DELHI BERNARD IMHASLY

Fotos der korrekt im Sari gekleideten Sonia Gandhi dominierten am gestrigen Tag nach dem unerwarteten Wahlsieg der Kongresspartei die Titelseiten der indischen Zeitungen. Gandhi ist, so sahen es die Kommentare, die unbestrittene Wahlsiegerin. Sie hatte den Wahlkampf des Kongresses fast im Alleingang bestritten und ihn gegen einen so gewichtigen Gegner wie den populären BJP-Chef Atal Behari Vajpayee gewonnen. Falls sie Premierministerin werden wolle, wird keine Kritik an ihrer ausländischen Herkunft sie davon abhalten – es sei denn, sie selbst verzichtet darauf.

Auch die hindunationalistische BJP akzeptiert Gandhi jetzt als Regierungschefin, nachdem die Wähler die Anti-Sonia-Rhetorik so eklatant desavouierten. Bei einem kurzen Auftritt vor den Medien hielt sich Gandhi bedeckt. Dies sei zunächst eine Entscheidung der Partei, sagte sie zur Frage nach ihren Plänen. Dann seien Allianzpartner zu konsultieren und schließlich die Linksparteien, die ihre Unterstützung für eine Kongress-geführte Regierung seit langem signalisieren. Für Gandhis Wahl als Premierministerin sind alle drei Stufen keine Hürden mehr.

Noch am schwierigsten dürfte die Einbeziehung der beiden kommunistischen Parteien sein, umso mehr als niemand auf diesen Sieg vorbereitet war. Deren ideologische Gemeinsamkeiten mit dem Kongress gehen kaum über die Gegnerschaft zur BJP-Ideologie hinaus. Aber wenn die neue Regierung, wie Gandhi versprach, „säkular und stabil“ sein soll, braucht es ein gemeinsames minimales Regierungsprogramm.

Beide Seiten sind dazu bereit, wobei dies für den Kongress heißt, dass sich die beiden KPs auch in die Kabinettsdisziplin einbinden lassen sollten. Die Kommunisten zogen bisher die Idee einer „Unterstützung von außen“ vor. Sie nehmen dabei Rücksicht auf die eigenen Kader im kommunistisch regierten Westbengalen und Kerala, wo sie erbitterte Kongress-Gegner sind.

Ein ähnliches Dilemma stellt sich bei der regionalen „Samajwadi-Partei“ und der Dalit-Partei BSP, den beiden Siegern in Uttar Pradesh. Beide sind bereit, einer Kongress-Koalition beizutreten, womit sie der fast eine Zweidrittelmehrheit sichern würden. Zugleich sind aber alle drei in Uttar Pradesh scharfe Gegner.

Die Stabilität einer Kongress-Regierung scheint dennoch nicht gefährdet. Gandhi kann trotz ihrer nur 147 Mandate (von 543 Sitzen) zur Zeit mit genügend Stimmen rechnen, die ihr eine Mehrheit geben und Neuwahlen – und damit eine mögliche Rückkehr der BJP – verhindern wollen. Und von den disziplinierten Kommunisten wird erhofft, dass sie ihre Unterstützung nicht leichtfertig aufkündigen.

In den Wahlprogrammen von Kongress und Linksparteien sind die Unterschiede jedoch groß. Während Kongress die Marktreformen nur korrigieren will, sind die beiden KPs gegen einen Rückzug des Staates aus der Wirtschaft. Bekannt ist aber auch, dass die Kommunisten in Kerala und besonders in Westbengalen, wo sie seit einem Vierteljahrhundert herrschen, einen Kurs steuern, der nur beim Arbeitsrecht vom Rest Indiens abweicht.

Die Kommunisten verdanken ihr Überleben nicht zuletzt einer cleveren Dialektik von Klassenkampfrhetorik und Pragmatismus, was ihre Wählerbasis weit über die der Industriearbeiter hinauswachsen ließ.

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