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RAG baut Häuser, Ruhrgebiet freut sich

Die Immobiliensparte der RAG will Stadtteile entwickeln und Wohnungen zukaufen. Offen ist, ob das Unternehmen auch Bestände des wegen Massenverkäufen umstrittenen Branchenführers Viterra übernehmen möchte

RUHR taz ■ Mit Kohle allein möchte RAG schon lange nicht mehr identifiziert werden. Eine Woche, nachdem das Unternehmen die Zechenschließungen am Niederrhein bekannt gegeben hat, geht es mit einer anderen Unternehmenssparte in die Offensive: Immobilien. 400 Millionen Euro wolle das Unternehmen investieren, um in den kommenden drei Jahren seinen Bestand von 70.000 Wohnungen im Revier auf 85.000 zu steigern, ließ Hermann Marth, der Chef der RAG Immobilien, am Wochenende wissen.

Die RAG will in Zukunft auf die Entwicklung ganzer Stadtteile setzen. Eine logische Konsequenz aus dem Bevölkerungsschwund im Ruhrgebiet: Ohne entwickelte Infrastruktur lassen sich Wohnungen in den oft heruntergekommenen ehemaligen Arbeitervierteln nur schwer vermieten. „Es geht darum, das Ruhrgebiet attraktiver zu machen“, sagt RAG Immobilien Sprecher Erich Kometz.

Beispielhaft für die Strategie ist die Entwicklung des Essener Stadtteils Vogelheim: Das wenig idyllisch neben Aluminiumhütte, Stadthafen und nationaler Kohlereserve gelegene Viertel wird von der RAG und anderen Wohnbauunternehmen komplett umgekrempelt. „Sanieren, aber auch abreißen und neu bauen“, beschreibt Kometz das Vorgehen. Die Mietpreise würden dadurch aber nicht in die Höhe gehen. „Wir wollen die Leute ja nicht wegjagen.“

Vor Ort begrüßt man das Engagement: „Es ist lobenswert, dass sich die Wohnbaugesellschaften auch sozial einbringen“, sagt Bernd Krugmann vom Vogelheimer Stadtteilbüro. Das Viertel werde aufgewertet. „Das weckt Hoffnungen“, sagt Krugmann. Allerdings müssten die Unternehmen bei ihrer Zusage bleiben, die Mietpreise nicht drastisch zu erhöhen. Auch Wolfgang Kiehle von der Wohnbund Beratung NRW begrüßt die Expansionspläne der RAG Immobilien. „Das stärkt den Mietwohnungsmarkt im Ruhrgebiet“, sagt er. Lob gibt es ebenfalls vom Düsseldorfer Städtebauministerium: „Zunächst ist das gut,“ sagt ein Sprecherin. Grund sei aber eher Leidensdruck als Altruismus: „Die Unternehmen müssen aber auch mehr für die Stadtteile tun, wenn sie überhaupt Kunden gewinnen wollen.“

Woher die RAG Immobilien 15.000 neue Wohnungen nehmen wird, ist noch offen. „Es wird Zukäufe geben“, sagt Sprecher Kometz. Ob dabei auch Wohnungen des größten deutschen Wohnbauunternehmens Viterra sein werden, ließ Kometz offen. Viterra, das sich durch den Verkauf von 27.000 Wohnungen im Ruhrgebiet den Ärger von Mieterverbänden zugezogen hatten, wollte sich dazu ebenfalls nicht äußern: „Es ist Sache der RAG, wo die ihre Wohnungen herkriegen“, sagt eine Sprecherin. KLAUS JANSEN

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