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Die Rache der Japaner

Auf der Auto-Umweltliste des VCD sind deutsche Autos nicht mehr top. Toyota verwiesdie innovationsmüden Deutschen mit seinem neu entwickelten Hybridmotor auf die Plätze

VON MATTHIAS URBACH

Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) kommt ins Schwärmen. Erstmals seit fünfzehn Jahren führt ein Familienwagen seine Auto-Umweltliste an: der Toyota Prius. Nicht wie früher ein Kleinstwagen wie die Dreiliter-Diesel von VW Lupo und Audi A2, oder wie der Smart. Der Toyota sei zwar teuer, aber nicht bloß öko. Auch im Komfort sei er „besser als ein BMW“, erklärt der VCD-Autoexperte vor dem Bundespresseamt, wo ein silberner Toyota in der Morgensonne glänzt.

Weil der Spritverbrauch 40 Prozent der Gesamtnote ausmacht, war die Devise der Auto-Umweltliste bislang stets „small is beautiful“ – für manche Zeitgenossen stets ein Grund, die Liste abzutun. Denn im Autoland Deutschland ist ein Auto natürlich zunächst eine emotionale Sache. Da sollte es die deutsche Industrie um so stärker wurmen, dass ausgerechnet ein Japaner mit innovativer Technik ein Ökoauto hinstellt, dass auch noch schneller anzieht als ein Dreier-BMW.

Denn unter der Motorhaube des Toyota Prius findet sich ein Hybridmotor: Er verknüpft einen Benziner mit einem Elektromotor. Der elektrische Antrieb wird zum Beschleunigen bei kleinem Tempo genutzt: Denn seine Kraftübersetzung ist dann effizienter. Bremst der Wagen, wird ein gut Teil der Bewegung genutzt, um die Batterie wie mit einem Fahrrad-Dynamo aufzuladen. Ansonsten lädt der Benzinmotor die Batterien auf und ein Computer wählt im Hintergrund stets den idealen Antrieb. Mit dieser Technik verbraucht der Prius bloß 4,3 Liter auf 100 Kilometer. Und ist dabei viel leiser. Die Motorleistung von insgesamt 112 PS entspricht etwa einer 1,9-Liter-TDI-Maschine.

Allerdings ist der Toyota mit 23.900 Euro recht teuer. „Die Technik hat ihren Preis“, sagt Lottsiepen, aber „in Bezug auf Komfort, Platzangebot und Fahrkomfort ist er mindestens einem Dreier-BMW vergleichbar.“ Und etwa ein BMW 316er koste ungefähr genauso viel. Im Vergleich habe der BMW weniger Platz im Fond, „der Prius ist sehr gut als Taxi geeignet“, dafür aber hat der 316er mehr Platz im Kofferraum. Der Prius beschleunige schneller als der BMW, habe allerdings eine niedrigere Höchstgeschwindigkeit. Maximal Tempo 170, das war für viele Autoredakteure ein Grund zur Abwertung, Lottsiepen ist das genug. „Das Entscheidende ist, dass der Prius fast 3 Liter weniger Sprit als ein 316er BMW verbraucht – und 1,3 Liter weniger als der BMW 318 Diesel.“

Und der Rußfilter? Tatsächlich könnten VW und Audi die Liste noch immer anführen, hätten sie ihre Dreiliter-Dieselmodelle mit Rußfilter versehen. Der Vorsprung wäre allerdings hauchdünn. Interessanterweise schaffen es die französischen Diesel vom Rußfilter-Pionier Peugeot nicht unter die Top Ten. Sie haben keine verbrauchsoptimierten Antriebe im Angebot. Immerhin bei den „Top Ten der Familienwagen“ kann Peugeot drei Modelle auf den hinteren Rängen platzieren.

Die Entwicklung des Hybridmotors hat Toyota in erster Linie für den US-Markt gemacht. Dort sind Dieselautos verpönt. Der US-Präsidentschaftskandidat John Kerry nimmt den Toyota als Vorbild für innovative Autos und wünscht sich in seiner Kampagne, dass solche Autos von heimischen Herstellern gebaut würden. In Deutschland stellt sich Kanzler Gerhard Schröder hinter Volkswagens Ablehnung des Rußfilters, der Diesel-VWs wieder innovativ machen würde.

„Die deutschen Industrie hat uns in letzter Zeit nicht mit Innovationen verwöhnt“, urteilt Lottsiepen. Mit einer Ausnahme vielleicht. Ausgerechnet der Opel-Konzern, der zuletzt ökonomisch heftig unter Druck geriet, schaffte es mit Gasantrieb auf Platz eins der „Mini-Vans“ auf der VCD-Liste. Sein Plus: Der Tank ist platzsparend im Karosserieboden eingebaut. Innovativer vielleicht noch der Corsa Eco 1.0 mit Öko-Automatik-Getriebe („Twinport Ecotec Easytronic“). Die Schaltung macht den Opel „um einen guten Liter besser als Konkurrenzprodukte von VW oder Ford“, urteilt Lottsiepen. Er kostet rund 11.500 Euro und ist mit Platz drei auf der VCD-Liste bestes deutsches Auto.

Auto-Umweltliste erhältlich für 5 Euro: versand@vcd.org oder Tel. (0228) 98585-0 bzw. Fax -10

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